In Fredrik Backmans Roman Eine ganz dumme Idee (Originaltitel: Folk med ångest) trifft eine Gruppe sehr unterschiedlicher Personen in einem ungewöhnlichen Setting aufeinander: Sie besichtigen eine Wohnung in einer schwedischen Kleinstadt - und werden plötzlich zu Geiseln, als ein gescheiterter Bankräuber in die Wohnung flüchtet. Ein Polizistenduo, bestehend aus Vater und Sohn, versucht in den Verhören, die sich der Freilassung anschließen, herauszufinden, was sich in der Wohnung abgespielt hat. Der Geiselnehmer ist verschwunden und die Aussagen der Beteiligten sind äußerst fragwürdig.
Im typisch Backmanschen Stil wird zynisch, mit trockenem Humor und dennoch in neutralem Ton erzählt, das ist gewöhnungsbedürftig, besonders in Bezug auf die Themen des Romans: Suizid, Ängste, Depressionen, Tod und Eheprobleme, um nur einige zu nennen. Alle Personen des Romans haben Schwierigkeiten mit sich und den Mitmenschen. In der Ausnahmesituation des Festsitzens in einer fremden Wohnung sind sie gezwungen, sich damit auseinanderzusetzen, schlichtweg, weil die übrigen sie sehen, Fragen stellen, mit ihnen interagieren. Backman schafft hier eine faszinierende Gruppe von "Idioten", wie er sie selbst nennt. Mit teils tragischen, teils urkomischen, teils unfassbar traurigen Hintergründen wäre jede Person vielleicht schon einen ganzen Roman wert. Gleichzeitig muss der Erzähler - und der Leser mit ihm - manchmal große Umwege in Kauf nehmen, um jedem Charakter den entsprechenden Raum zu schaffen, damit er plausibel wird. Das hatte manchmal Längen, wenngleich die Freude an Backmans Sprache und Figuren dennoch überwog.Vielleicht ist Eine ganz dumme Idee nicht sein stärkster Roman, aber Backman beweist einmal mehr, dass er erzählen kann und beeindruckende, witzige und anrührende Charaktere schafft.
Die Lesung von Steffen Groth, in der jede Figur ihren eigenen Stimmklang und Charakter bekommt, ist meines Erachtens eine großartige schauspielerische Leistung.
Frederik Backman, Eine ganz dumme Idee. Hörverlag 2021.
No comments:
Post a Comment