Saturday, January 28, 2023

Ocean Vuong - Auf Erden sind wir kurz grandios

Der Erzähler von Ocean Vuongs Debutroman Auf Erden sind wir kurz grandios ist der Sohn einer halbvietnamesischen Mutter, selbst die Tochter eines amerikanischen Soldaten und eines vietnamesischen Bauernmädchens. Er wird Little Dog genannt. Die Familie ist gelinde gesagt zerrüttet, die Mutter kann nicht lesen und schreiben, prügelt den Sohn wie sie selbst von ihrem Ehemann geprügelt wird, die Großmutter ist schizophren. Der Job der Mutter in einem Nagelstudio in Hartford, Connecticut, erhält die Familie nur gerade eben. Little Dog fängt früh an zu arbeiten und verliebt sich bei seinem Job auf einer Tabakplantage in Trevor. Armut, Rassismus, Gewalt, Drogen, Homosexualität und die vom Krieg geprägte Familiengeschichte ergeben eine Vielfalt von Themen.  

Dass der Autor Lyriker ist, vergisst man auf keiner Seite von Auf Erden sind wir kurz grandios. Eigentlich schreibt Little Dog einen Brief an seine Mutter - im vollen Bewusstsein, dass sie ihn nie selbst lesen können wird. Die Geschichte folgt einem Fluss von Gedanken, die zwar vornehmlich um seine Mutter kreisen, aber manches wirkt, als versuche er vor allem sich selbst zu erklären, warum sein Leben und seine Liebe(n) so sind, wie sie sind. So gibt es viele schöne Passagen, sprachlich beeindruckend, selbst in der Übersetzung, eine beeindruckende Leistung von Anne-Kristin Mittag. Andererseits ist der Roman keine leichte Lektüre, sondern hat mich phasenweise sehr angestrengt. Ich bin dennoch froh, ihn gelesen zu haben. 

Ocean Vuong, Auf Erden sind wir kurz grandios. Ocean Carl Hanser, München 2019.

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