Tuesday, November 19, 2024

Fatma Aydemir - Dschinns

Dschinns von Fatma Aydemir ist die Familiengeschichte der Demirs. Mit der ersten Welle der Gastarbeiter kam Hüseyin nach Deutschland, holte Frau und Kinder nach und arbeitete 30 Jahre lang. Als er das erste Mal in der erträumten Eigentumswohnung in Istanbul steht, in der er mit seiner Familie seinen Lebensabend erleben möchte, stirbt er an einem Herzinfarkt. Alle reisen zu seiner Beerdigung an, seine Frau und die vier Kinder. Jedes Familienmitglied denkt über den Vater, die Familie und das eigene Leben nach, dabei kommen die verschiedensten Geheimnisse, Bedürfnisse und Verletzungen ans Licht. 

Der Autorin Fatma Aydemir gelingt es, die verschiedenen Schichten der Familie zu sezieren und dabei Gesellschaftliches, Kulturelles, Politisches und sehr Persönliches zu verknüpfen. Nicht alle der sechs Charaktere sind gleich präsent, gleich anrührend oder überzeugend. Stellenweise wirkt Dschinns überladen, so viele Themen und Problemfelder werden angeschnitten, hier wäre weniger mehr gewesen. Auch das Ende trägt meines Erachtens zu dick auf, das wäre nicht nötig gewesen. In der Summe aber hallt der Roman nach, denn nichts ist einfach in der Zerrissenheit dieser Familie, während sie gleichzeitig als authentisches Beispiel einer Migration dienen kann, die nicht gelingt. Die Lesung von Sesede Terziyan hat mir sehr gut gefallen. 

Der Roman stand 2022 auf der Longlist für den Deutschen Buchpreis.

Fatma Aydemir, Dschinns. DAV 2022.

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