Wenn meine SuB-Buchchallenge nicht nach einem orangen (jaja, es ist eher ein sehr gelbes Orange) verlangt hätte, wäre Wenn ein Reisender in einer Winternacht von Italo Calvino (1923-1985) sicher noch weitere Jahre im Regal geblieben und ich würde den Autor immer noch nicht kennen. Er gehört zu den italienischen Klassikern und wird dort auch in Schulen gelesen.
Persönlicher Untertitel: Leseabenteuer, postmoderner Roman, zehn Anfänge und (k)ein ordentliches Ende.
Den Plot zusammenzufassen fällt schwer, es ist die Geschichte einer Suche nach einem/dem Roman, der Protagonist ist zugleich der Leser selbst (oder besser der fiktive Leser, je nachdem, wie sehr man sich darauf einlassen will), den Calvino mit auf eine philosophische Reise nimmt, auf der er über das Lesen und Schreiben, das Verhältnis von Buch zu Leser, von Leser zu Autor, der Welt zum Autor oder zum Leser, ... nachdenkt. Dazwischen werden zehn Romane begonnen, die aus unterschiedlichsten Gründen abbrechen und den Leser (in doppeltem Sinne, Protagonist und tatsächlichen Leser) frustriert zurücklassen. Dabei wimmelt es von nachdenkenswerten Zitaten über Bücher, das Lesen und die Bedeutung von Literatur.
Trotz (oder gerade wegen) der Fragmenthaftigkeit des ganzen Buches hat man das Gefühl, sich viele Aspekte merken zu wollen, später noch einmal dahin zurückkommen zu wollen, um einzelne Gedanken besser würdigen zu können und erfreut sich an Calvinos Ideen und Schreibstil. Trotzdem ist der Roman phasenweise anstrengend und verstrickt sich zu sehr in seinen Ebenen und verschachtelt die Geschehnisse so sehr ineinander, dass man trotzig sagt, dass es jetzt doch bitte auch mal reicht und der Autor zum Punkt kommen soll. Insgesamt war es aber eine höchst interessante Leseerfahrung, im wahrsten Sinne des Wortes, zumal in meinem Fall noch die verblüffende Verwandtschaft mit Hakan Nessers Roman Himmel über London hinzu kam.
Italo Calvino, Wenn ein Reisender in einer Winternacht. Süddeutsche Zeitung Bibliothek 2004.
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