Jack London (1876-1916) ist ein bedeutender amerikanischer Schriftsteller und war einer der ersten, die mit ihren Büchern weltweit Erfolg hatten. Wolfsblut gilt als eines seiner besten Werke. Es erzählt die Lebensgeschichte des Wolfs White Fang. White Fangs Mutter war halb Wolf und halb Hund und daher an das Zusammenleben und Arbeiten mit Menschen gewöhnt. So begibt sich auch White Fang in die Obhut der im Norden im kanadischen Yukon Territory lebenden Indianer. Der Roman spielt in den 1890er Jahren, währende des Klondike Gold Rush, so dass White Fang auch in Kontakt mit Weißen kommt. Aus der Perspektive des Wolfs erleben wir den Prozess seiner Domestizierung mit, welches Unrecht ihm durch die Menschen geschieht und welchen Einfluss dies auf die Entwicklung seines Charakters hat - ein Gedanke, der laut dem ausführlichen Nachwort der Neuausgabe von 2013, zu Londons Zeiten noch sehr neu war, da man Tieren keine echte Persönlichkeit zusprach. Ein weißer Ingenieur rettet White Fang aus seiner lebensbedrohlichen Not und wendet sich ihm zu. Er schafft es, die Freundlichkeit des Tieres herauszuformen und schließlich ist es sogar möglich das wilde Tier, das als Kampfhund todbringend warm, auf eine Farm in Kalifornien mitzunehmen, wo White Fang ein glücklicheres Leben leben kann.
Die Erzählperpektive aus Tieressicht ist immer wieder ungewohnt, aber Londons behutsame Art, das Innenleben des Wolfs und seine völlig andere Weltsicht (oder zumindest wie sie sein könnte) darzustellen, machen Wolfsblut zu einer ungewöhnlich spannenden Lektüre. Es gibt einige große Wendepunkte in White Fangs Leben, die verschiedene Phasen und Entwicklungen ermöglichen. Dabei wirkt dies erzählerisch durchweg plausibel. Gleichzeitig spiegelt der Roman nebenbei auch historische Eckpunkte der Zeit, wie den Goldrausch und die Industrialisierung im Süden, tut dies jedoch so beiläufig und wiederum mit den Augen des Wolfs, dass die Kontraste zwischen Wildnis und Zivilisation umso deutlicher zu Tage treten. Gleichzeitig transportiert der Roman durch seine Erzählweise eine Hochachtung vor dem Wildtier bzw. dem Raubtier, dass man diese danach mit verändertem Blick betrachtet.
Insgesamt ein beeindruckender Roman, die Neuauflage ist sicherlich lohnend, denn Wolfsblut ist auch heute noch sehr lesenswert.
Jack London, Wolfsblut. dtv, München 2013.
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Für die Buchchallenge 20/15 habe ich in diesem Buch aus der Kategorie I. Protagonisten das Mann/Frau mit Haustier ausgesucht. Eigentlich passt das nur mäßig, denn der Protagonist ist das (Haus-)Tier und zum Haustier wird er erst gemacht. Aber im letzten Drittel des Buchs erfährt White Fang die Güte seines Besitzers und wird dadurch zu einem zufriedenen Haustier.
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