In Der Nabel der Welt inszeniert er eine Unterhaltung zwischen einem altem Maler und seinem jungen Nacktmodell. Dabei erzählt der Maler voller Stolz von seinem erfüllten Liebesleben, aber drückt auch sein Unverständnis der Frauen aus. Er sieht die Männer als unfähig an, den Frauen auf gleicher Ebene zu begegnen, da diese aus sich heraus in der Lage sind etwas zu erschaffen (ergo schwanger zu werden), die Männer dagegen sich in einem ständigen Konkurrenzkampf (vom Faustkampf bis hin zum Krieg) befinden, um ihre Unfähigkeit zu erschaffen zu kompensieren. Begleitet werden seine Lebens- und Liebeserinnerungen und seine philosophischen Gedanken von zahlreichen Bildern (Akte und Portraits) des fragenden Modells und der verschiedenen Geliebten seines Lebens.
Diese sind stilistisch sehr abwechslungsreich, wie spontan hingeworfene Aquarelle werden durchmischt mit Tuschezeichnungen, Collagen und anderem, meistens in Rot- und Blautönen. Die Bilder sind zum Teil sehr beeindruckend und drücken mehr emotionale Tiefe aus, als die Geschichten des Malers von seinen Eroberungen erzählen können. Inwiefern man dessen Gedanken folgen möchte, bleibt Mann oder Frau selbst überlassen. Einen bedenkenswerten (feministischen) Gedanken äußert der Maler erst auf vorletzten Seite, bevor er - praktisch wie einen Staffelstab - auf der letzten Seite das Modell sagen lässt, sie möchte nun auch ein paar Dinge sagen (allerdings kommt sie dennoch nicht mehr zu Wort, man weiß nur, es gäbe noch mehr dazu zu sagen - oder hat sie doch die ganze Zeit schon durch den Maler gesprochen?!):
"Die Frauen, die ich kenne, haben keinen Hass auf Männer. Aber viele meiner Geschlechtsgenossen denken, ihnen wird etwas genommen, wenn sie nicht mehr allein regieren, befehlen, besitzen, zerstören, terrorisieren... Sie haben noch nicht gelernt zu teilen, eure Freunde zu sein. Sie mögen sich selbst nicht mehr, sie fühlen sich schwach. Schwache Menschen können gefährlich sein."
Edmond Baudoin, Der Nabel der Welt. Schreiber und Leser, Hamburg 2013.
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