Sarahs Schlüssel von Tatiana de Rosnay erzählt zwei Geschichten.
Die eine ist die von Sarah, einem 10jährigen Mädchen, das mit über 4000 weiteren jüdischen Kindern am 16. Juli 1942 bei der Rafle du Vélodrome d’Hiver verschleppt wird. Diese Razzia ist bedeutsam, weil französische Polizisten den Befehl der Nationalsozialisten zur Verhaftung der Juden ausführten. Als sie in den Wohnung die jüdischen Männer nicht vorfanden, da diese sich versteckt hielten, wurden stattdessen Frauen und Kinder mitgenommen und später deportiert und ermordet. Aus dem Blick des Mädchens wird das Unverständnis und die Verzweiflung über die Ereignisse deutlich, auch das Entsetzen, dass Franzosen und nicht nur die Deutschen daran beteiligt sind.
Parallel dazu recherchiert die in Paris lebende Amerikanerin Julia im Jahr 2002 für ein Magazin über das Vél’ d’Hiv’ und stellt fest, dass es einen hohen Grad an Verdrängung bezüglich dieser historischen Schuld gibt. Sie wird persönlich involviert, als sie feststellt, dass in der Familienwohnung ihres französischen Ehemanns, in die sie bald einziehen sollen, vor dem Juli 1942 eine jüdische Familie lebte. Sie forscht weiter und trifft auf Sarahs Geschichte...
Sarahs Schlüssel verknüpft erfolgreich die Vergangenheit mit der Gegenwart und macht eindrücklich klar, dass es notwendig und wichtig ist, nicht zu verdrängen und zu vergessen, sondern sich zu erinnern.
Sarahs Erlebnisse sind schockierend, vor allem durch die kindlich-naive Perspektive, die immer mehr kippt, als das Kind merkt, dass die Menschen um sie herum Monster sind. Dennoch erfährt sie auch Freundlichkeit, Mitleid und Hilfe zum Überleben. Wie viele der unzähligen Bücher zum Thema Holocaust rührte mich diese Geschichte zu Tränen. Im Gegensatz dazu kann Julias persönliche Geschichte nicht die emotionale Dichte erzeugen, trotz des Familiendramas, die diese einschließt. Muss sie aber auch nicht, dieser schwächere Aspekt des Romans ist verzeihlich vor dem Hintergrund seiner Botschaft.
Zakhor. Al Tichkah. Erinnere dich. Vergiss niemals.Beim Lesen einiger anderer Rezensionen stieß ich auf eine von Sol Tetelbaum, der in seiner Rezension darauf eingeht, warum das Buch keine niedrigen Wertungen erhalten sollte, auch wenn einige der Kritikpunkte an Schreibstil und Plot vielleicht berechtigt sind. Ich stimme ihm dabei zu, dass es als Buch über den Holocaust und mit der Mahnung zur Erinnerung funktioniert und wichtig ist. Es mahnt und erinnert uns und das ist gut.
For human beings, the Holocaust is impossible to understand, it is just unexplainable. And the only way to prevent it from happening again is to never forget it.
Tatiana de Rosnay, Sarahs Schlüssel. Bloomsbury, Berlin 2007.
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