Verstand und Gefühl, Jane Austens erster Roman, erzählt vom Leben und Lieben der zwei Schwestern Marianne und Elinor im England des 18. Jahrhunderts. Gesellschaftliche Zwänge und Geflogenheiten beeinflussen ihr Leben, finanzielle Ungewissheit ist ebenfalls ein Thema, denn als Frauen haben sie keine Möglichkeiten, selbst für ihr Einkommen zu sorgen. Charakterlich unterscheiden die beiden sich deutlich - obwohl sie beide eine intensive Gefühlswelt haben und unter verschiedenen Schicksalsschlägen bei der Wahl eines zukünftigen Ehemanns zu leiden haben, gehen sie anders damit um. Die impulsive und extrovertierte Marianne muss erkennen, dass durch ihr zum Teil egoistisches Verhalten auch das Leben der Menschen um sie herum beeinflusst wird, so dass andere unter ihren Emotionen zu leiden haben und sie sich nicht immer rücksichtsvoll verhält. Elinor empfindet zwar nicht weniger starke Verzweiflung, versucht diese aber vor anderen zu verbergen, um ihre Mitmenschen zu schonen. Ihre Besonnenheit, ihr Verständnis und ihre Ausdauer wird schließlich belohnt und sie dient zugleich gegen Ende des Romans ihrer Schwester als Vorbild.
Es ist eine intensive Gefühlswelt, in die man beim Lesen von Verstand und Gefühl versetzt wird, und man kann sich dem Charme der Charaktere kaum entziehen, vom Reiz des englischen Settings (so man es denn mag) ganz zu schweigen. Eva Mattes arbeitet in ihrer Lesung nicht nur die Züge der Protagonistinnen, sondern beispielsweise auch die von Mrs Jennings oder Mrs Dashwood hervorragend aus und es macht Freude, die Nuancen in Betonung und die Grade von Affektiertheit und Emotion wahrzunehmen. In der Vielfältigkeit und Authentizität dieser Charaktere liegt wohl auch die andauernde Beliebtheit der Werke von Jane Austen begründet.
Jane Austen, Verstand und Gefühl. Argon 2007.
No comments:
Post a Comment