Wie kam es dazu, dass ich dieses Buch gelesen habe? - Popsugar reading challenge made me read this: "A book that features a character going through menopause"
Natürlich ist es Chick-Lit, ein einfach zu lesendes, unterhalsames Buch mit einer klar umrissenen Zielgruppe, zu der ich von meinen Leseinteressen her nicht gehöre. Ich dachte aber, das Thema Menopause/Wechseljahre mal humorvoll zu betrachten (und nicht nur durch Sachliteratur) könnte auch okay sein. Leider nicht.
Die Grundidee des Romans ist, dass die Protagonistin Eliza mit dem Leben und den Wechseljahren zu kämpfen hat. Was da was bedingt, muss dabei gar nicht näher definiert werden. Sie ist fast 50, hat Mann und drei sehr unterschiedliche Kinder, eine sehr abgeflachte Schauspielerinnen-Karriere und schwierige Beziehungen zu ihren eigenen Eltern und Geschwistern. Die Flut der Konflikte und Unzufriedenheiten überspült die Lesenden geradezu, dabei beschreibt Eliza intensiv die verschiedenen Beschwerden der Menopause. Ihre irrationalen Reaktionen auf die manchmal skurrillen Ereignisse in ihrem Leben erregen allerdings nach kurzer Zeit eher Genervtheit anstatt Mitgefühl. Sie tappt in jede Falle, macht alles falsch in den Beziehungen, die sie hat, und reflektiert erschreckend schlecht. Auch wenn ihr die Zusammenhänge zwischen ihren hormonellen Veränderungen und ihren Empfindungen und Reaktionen bewusst sind, unternimmt sie nichts, um wieder die Oberhand und Kontrolle zu gewinnen. Mäßig interessant ist dann das "Finale", als sie durch die Rettung des Familienbootes (das ganze spielt in Stratford upon Avon und es handelt sich um ein Narrowboat) eine Art Canaltrip (statt Roadtrip) unternimmt und sich dadurch erstmals wieder als "Kapitänin" des eigenen Lebens fühlt, obwohl sich eigentlich nichts geändert hat. Was mich neben den sich ausdehnenden Jammereien am meisten genervt hat, sind folgende Aspekte:
1. Die Charaktere, Eliza selbst eingeschlossen, bleiben schablonenhaft und verändern sich wenig. Wir haben da den Charmeur-Italiener, die Social-Media-süchtige Teenie-Tochter, den Autistensohn, den schweigsamen Handwerker-Ehemann, den schwul-depressiven Bruder - die Liste wäre einfach fortzusetzen. Muss das in einem solchen Unterhaltsroman so sein?!
2. Die Handlung ist schlichtweg die Ansammlung von Unannehmlichkeiten, in die Eliza gerät, und die Geschichte der Bootsfahrt, die sie unternimmt. Hinterher ist dann alles anders, warum auch immer. Mehr passiert im Grunde auf den über 400 Seiten nicht.
3. Das Thema Menopause, das als zentrales Element im Vordergrund gestellt ist, wird gar nicht wirklich thematisiert. Ja, andere Frauen in Elizas Umgebung haben das auch durchlitten, alles weitere wird mit "aber danach ist alles besser" abgetan. Selbst in einem Unterhaltungsroman wird das der Thematik auf keinen Fall gerecht. Die zum Teil intensiven Symptome beeinträchtigen das Leben von Frauen über viele Jahre hinweg und die Botschaft ist "da muss man halt durch"? Einmal kauft Eliza willkürlich irgendwelche Präparate in der Apotheke, aber es wird nicht thematisiert, ob sie sie anwendet und ob sie helfen. Hormontherapie wird von Elizas Mutter damit abgetan, dass "das war, bevor wir wussten, wie gefährlich das war". Das ist vor aktuellem medizinischen Hintergrund irreführend und schlichtweg falsch. Eine solche Desinformation - auch in einem seichten Roman wie diesem - geschrieben von einer Frau, (unter Pseudonym von Fiona Walker, *1969) finde ich sehr problematisch. Also lachen wir Frauen einfach über die Hitzewallungen und die psychischen Auswirkungen und warten, dass es vorbeigeht?
4. Noch irreführender ist aber, dass die Schuld an Elizas Problemen eben auf die Wechseljahresbeschwerden geschoben wird. Sie ist eben nicht mehr sie selbst, sie hat ihr Leben nicht mehr im Griff. Das tatsächliche Problem liegt aber in der mangelhaften und disfunktionalen Kommunikation, die vor allem von ihrer Familie (mit ihren Eltern und Geschwistern) vorherrscht und die dazu führt, dass sie auch nicht mit ihrem Ehemann spricht. Der weiß scheinbar kaum etwas von ihren Beschwerden und ist selbst unsicher. Das ist schon fast unglaubwürdig. Und während Kommunikation natürlich immer beide Seiten umfasst, ist es hier nur das Problem von Eliza, die sich in ihren Rollen (Mutter, Ehefrau und Schauspielerin) verheddert hat und deswegen all diese Konflikte hat.
Um auf den Anfang meiner Tirade zurückzukommen Einatmen, ausrasten war schlichtweg nicht meine Art von Buch, aber ich bin der Meinung, auch leichte Unterhaltungsromane könnten gewisse literarische Standards erfüllen hinsichtlich Plots und Charakteren und sollten vor allem keine Problemfelder aufgreifen, zu denen dann nichts Erhellendes (oder noch schlimmer nur Falsches) gesagt wird.
Georgie Hall (alias Fiona Walker), Einatmen, ausrasten. Ullstein 2021.
No comments:
Post a Comment