Cornelia Funke entwirft in Reckless – Steinernes Fleisch erneut eine Parallelwelt, wie sie es
in ihrer Tinten-Trilogie bereits getan hat. Durch einen Spiegel gelangen die
Protagonisten in eine Welt, die unserer zwar in manchen Dingen ähnelt, aber deutlich mystischer
und magischer ausfällt. Gestalten und vor allem Zauberdinge aus den Märchen
unserer Welt sind dort real, oftmals aber düsterer und gefährlicher als selbst
das grausamste Märchen in unserer Realität. Neben Zwergen, Feen und Menschen
gibt es auch noch eine weitere Bevölkerungsgruppe, die Goyl. Die Goyl haben
eine steinerne Haut und streben nach jahrhundertelanger Verfolgung durch die
Menschen nun an, nicht nur ihre eigene Unterwelt, sondern auch die oberirdische
Welt zu beherrschen. Durch einen Feenzauber führen die Verletzungen der Goyl
bei Menschen dazu, dass ihr Fleisch wie bei den Goyl zu Stein wird.
Als dies bei seinem Bruder Will geschieht, setzt Jacob Reckless alles daran, seinen Bruder vor der
schrecklichen Verwandlung zu retten und entkommt dabei mehrmals selbst nur
knapp dem Tod.
Funkes fantastische Parallelwelt ist kein nettes
Märchenland, auch wenn Rapunzelhaare, Hexenbesen und andere Wunderdinge einen
dies glauben machen könnten, die Menschenfresser oder der todbringende
Schneider stammen eher aus dem Gruselkabinett. So wird man immer wieder an die
eigenen Märchen und Sagen erinnert, die seltsam verzerrt in dieser anderen Welt
auftauchen, und dabei auch regelmäßig überrascht, weil vieles eben doch anders
ist als erwartet. Das politische Geschehen, die Kriege, das Verhandeln, das in
den Rücken fallen, und die vielfach
egoistischen Beweggründe der Figuren sind uns dagegen seltsam vertraut. Ein Spiegel, der uns vorgehalten wird?
Dennoch machen Funkes Figuren Freude, vor allem Jacob und
seine Gefährtin, die gestaltwandelnde Füchsin, sind vielschichtig und interessant. Dies gilt weniger für Will und seine Freundin
Clara, die beide leider deutlich oberflächlicher gezeichnet sind, wobei eine
Innensicht gerade Wills, dessen Äußeres und zugleich seine Identität sich
wandeln, spannend gewesen wäre. Vielleicht ist dies aber auch der Unterschied
eines Erwachsenenromans zum Jugendbuch, wo eine gewisse Vereinfachung sowohl
die Textlänge im Rahmen hält, als auch das Verständnis erleichtert.
Cornelia Funke, Reckless – Steinernes Fleisch. Dressler
2010.
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