Irgendwann einmal vor Jahren hatte ich diesen Klassiker bereits gelesen, ich erinnere mich, dass ich 1984 von George Orwell beim ersten Mal sehr bedrückend fand. Die Wiederbegegnung in Form des Audiobooks vom HörbuchHamburg Verlag, gelesen von Sebastian Rudolph, bestätigt diesen Eindruck.
1984 wird schlagwortartig als Sinnbild für den totalitären Überwachungs- und Unterdrückungsstaat verwendet. Zusammen mit dem Protagonisten Winston Smith lernt man alle Mechanismen eines solchen Staates aus erster Hand kennen. Dabei durchlebt Winston selbst unterschiedliche Haltungen zum Staatsapparat, wobei seine Widerstände schlussendlich alle gebrochen werden und bedingungslose Aufgabe des Selbsts und seines Menschseins die Folge ist.
Was im Jahr 1948 von Orwell teils dystopisch verfasst wurde, gehört technisch schon zur Normalität, von einer totalen Überwachung sind wir nicht mehr weit entfernt, ja, wir begeben uns sogar freiwillig in diese Position in unserer eigenen willfahrigen Nutzung von Handys mit Standortübermittlung, transparenten Einkäufen und anderen preisgegebenen Daten. Darüber wird nur selten nachgedacht.
Besonders beunruhigend empfand ich die Aspekte des "Neusprech", also der Instrumentalisierung von Sprache, um die gewünschte Ideologie voranzutreiben und anderes tatsächlich unaussprechbar zu machen, und des "Doppel-Denk", bei denen offensichtliche Fakten einfach umgedeutet werden, in dem man schlichtweg behauptet, das Gegenteil wäre der Fall.
[Der deutschsprachige Wikipedia-Artikel gibt hier übrigens das schöne Beispiel der Zuschauerzahlen bei Donald Trumps Amtseinführung an, bei der eine Beraterin von "alternate facts" gesprochen hatte, ein typischer Ausdruck des Doppel-Denks wie Orwell es beschreibt.]
Für beides finden sich in unserem Sprachgebrauch und vermutlich auch in unseren Denkweisen zahlreiche Beispiele. Wir neigen dazu, durch verharmlosende oder dramatisierende Wortwahl Dinge ihrer Sachlichkeit zu berauben, so dass Reaktionen und Diskussion auf einer viel zu emotionalen und wenig zweckdienlichen Ebene stattfinden. Besonders ist dies auch bei politisch relevanten Themen zu beobachten. Das ist beunruhigend auf mehr als einer Ebene, die Wahlergebnisse passen ins Bild.
Einige Passagen des Romans fand ich schwierig, vielleicht auch besonders schwierig in der Audiobookform, die langen ideologischen Passagen und die lange Dauer von Winstons Gehinrwäsche und Folterung, aber 1984 hat auch nach fast 70 Jahren nach seinem ersten Erscheinen nichts an seiner Eindrücklichkeit verloren.
George Orwell, 1984. HörbuchHamburg 2013.
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