Monday, January 20, 2025

Julia Deck - Viviane Élisabeth Fauville

Viviane Élisabeth Fauville geht es nicht gut. Sie ist gerade mit ihrem Baby bei ihrem Mann ausgezogen und kämpft mit ihren Panikattacken und anderen psychischen Problemen. Wie gravierend diese sind, verdeutlich die Autorin Julia Deck auf ungewöhnliche Weise. Sie bleibt als Erzählperspektive zwar durchgehend bei Viviane, aber wechselt die Pronomen. sie, ich, Sie... all das verschwimmt und besonders das interne Siezen tritt auf, wenn sie ihre eigene Realität nicht mehr klar definieren kann. Natürlich hängen ihre Wahrnehmungsprobleme mit ihren psychischen Erkrankungen zusammen, wie man am Ende des Romans auch noch aufgeklärt wird (was nicht nötig gewesen wäre). Der auf dem Klappentext angekündigte Kriminalfall ("Ein Mord ist geschehen.") ist im Grunde nicht essentiell. Der Mord ist zwar treibende Kraft für die durch Paris irrende Viviane, aber auch der könnte schlussendlich gar nicht geschehen sein. Tatsächlich ist Vivianes Psychiater tot und in ihren Wirrungen versucht Viviane ihre eigenen Handlungen und die der anderen Beteiligten nachzuverfolgen. Ihre Ermittlungen führen aber nicht voran, die Auflösung erzielt die Polizei, fernab der Geschehnisse. Als Krimi taugt Viviane Élisabeth Fauville also kaum. Als Innensicht einer zutiefst bedrängten Frau, die dennoch versucht, ihren Weg zu gehen, nimmt Julia Deck ungewöhnliche Wege, am verstörendsten dabei noch die Schilderung der Beziehung zu ihrem Baby, das keinen Namen hat und fast wie Möbiliar abgestellt wird, wenn Viviane durch die Straßen Paris irrt. Die detailreichen Schilderungen von Straßen und Pariser Milieu haben mir weniger gefallen, passen aber auch zu der veränderten Wahrnehmung Vivianes, die Details hyperpräsent hat, aber wesentliche Zusammenhänge verpasst. Insgesamt bin ich nicht begeistert, aber es war literarisch eine interessante Leseerfahrung. 

Julia Deck, Viviane Élisabeth Fauville. Wagenbach, Berlin 2013.

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