Juli Zeh erzählt in Adler und Engel die Geschichte von Max. Vielmehr soll Max seine Geschichte erzählen, seine eigene und die von Jessie. Jessie ist tot. Max soll die Geschichte Clara erzählen, einer Radiomoderatorin, bei der er eines Nachts angerufen hat, und die ihn und seine Geschichte zum Thema ihrer Diplomarbeit (Psychologie) machen will. Max ist Jurist, Experte für den Balkan und die EU-Osterweiterung, aber wegen der toten Jessie kann er nicht mehr arbeiten. Max ist ständig zugekokst, seine Wirklichkeiten schieben sich ständig übereinander, Realität und erzählte Vergangenheit überlagern sich. Dabei geht es zwar auch um die Beziehung von Max und Jessie, aber auch um Drogenhandel und die erschreckenden Strukturen der Drogenmafia - im Balkan und im europäischen Osten! Max - und der Leser - entdecken während des Erzählens der Ereignisse um Jessie die Zusammenhänge von Politik und Mafia, wobei darin sowohl Jessies Familie als auch sein alter Arbeitgeber die Fäden ziehen.
Juli Zeh schafft es überzeugend, die verschiedenen Wirklichkeiten auch sprachlich in ihrem Roman ineinander zu verweben, so dass man sich stellenweise unklar ist, in welcher Realität, die ohnehin noch durch die verkokste Wahrnehmung von Max verzerrt ist, man sich gerade befindet. Sie verwendet fast brutale sprachliche Bilder und davon reichlich. Dabei tritt allerdings manchmal die Handlung in den Hintergrund, einige Passagen des Romans sind daher schleppend und waren daher für mich anstrengend zu lesen.
Mir hat die Perspektive von Max überhaupt nicht gefallen, er und auch alle anderen Charaktere des Romans sind nicht nur unsympathisch, sondern abstoßend, krankhaft. Der exessive Drogenkonsum, das Zugrunderichten von Psyche und Körper, das alles fand ich schwer zu ertragen, so dass ich mich durch den Roman bis zum Ende kämpfen musste. Dass das Buch außerdem unbefriedigend, in der Luft hängend, endet, war dabei nicht überraschend.
Sicher muss man ihr als Juristin und Literatin zugestehen, dass sie den Roman mit großer Kenntnis geschrieben hat, die Drogenrouten und die Verstrickungen von Politik und Mafia wirken - leider - sehr glaubhaft und sind vermutlich realitätsnah. Es ist insgesamt ein sehr literarisches, konstruiertes Werk, ihr Erzählstil interessant, die Geschichte und vor allem ihre Charaktere haben bei mir jedoch leider nur Widerwillen ausgelöst.
Juli Zeh, Adler und Engel. Schöffling & Co., Frankfurt am Main 2001.
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