Denis Thériault ist kanadischer Schauspieler, Autor und Regisseur. Sein zweites Buch Siebzehn Silben Ewigkeit ist eher eine Novelle als ein Roman und erzählt seine Geschichte in nur 160 Seiten.
Im Titel verbergen sich die Themen der Geschichte:
Die siebzehn Silben verweisen auf die japanische Gedichtform des Haikus. Ein Mann und eine Frau kommunizieren mit diesen Gedichten, die sie sich abwechselnd in Briefen schicken. Der Protagonist ist aber der Briefträger Bilodo, der heimlich die Briefe der Frau abfängt und sich - fasziniert von den Haikus und allem, was er hineindeutet - in sie verliebt. Natürlich kennt Bilodo auch den Empfänger der Briefe, schließlich ist er dessen Postbote. Entsprechend entsetzt ist er, als er zusehen muss, wie dieser von einem Auto überfahren wird und stirbt.
Aus Verzweiflung, weil der Briefwechsel der beiden für den einsamen Bilodo Lebenssinn ist, übernimmt er die Rolle des Überfahrenen, damit die Frau weiterschreibt. Dies fällt ihm zunächst schwer und seine selbstverfassten Haiku sind zunächst sehr schlecht. Aber als er sich zunehmend in das Leben des Mannes hineinversetzt, indem er dessen Wohnung mit allem Inventar anmietet, und sich in dessen japanische Lebensweise aneignet, gelingt es ihm, den Briefwechsel aufrecht zu erhalten. Es entwickelt sich sogar eine emotional-erotische Komponente zwischen beiden. Doch als der Besuch der Dame ansteht, gerät Bilodo in Panik. Es kommt zu einer Verkettung von Ereignissen, an deren Ende er realisiert, dass er zu einem Abbild des Mannes geworden ist, und ihm schließlich sogar das gleiche Schicksal widerfährt: Er wird überfahren. Ensō. Der Kreis schließt sich.
Das Buch ist durch die Wiedergabe des Haiku-Briefwechsels halb lyrisch und die dahinterliegende japanische Philosophie ist ebenso Thema wie die japanische Kultur. Daher erhielt es auch den "Prix littéraire Canada-Japon".
Anfangs ist Siebzehn Silben Ewigkeit noch die leise Geschichte eines einsamen Mannes mit einem ungewöhnlichen Hobby, sein heimliches Briefelesen ist Zeichen seiner sozialen Unsicherheit. Er verbringt seine Zeit mit dem Nachspüren anderer Leute Emotionen und Geschichten, während er die Annäherungsversuche von seinen Kollegen und einer in ihn verliebten Kellnerin in seinem Stammlokal ausschlägt oder gar nicht wahrnimmt. Doch als er versucht, sich das fremde Leben anzueignen und sich selbst umzuformen, um es leben zu können, kippt die Geschichte leicht ins Surreale und Unglauhafte und endet in der absurden Wiederholung der Ereignisse.
Literarisch ist der kleine Band interessant, der Sinn bleibt seltsam offen: Macht Einsamkeit verrückt? Lebe dein Leben, aber bitte dein eigenes? Jemand anderes werden zu wollen, funktioniert nicht? Liegt das Glück nie dort, wo wir es suchen?
Denis Thériault, Siebzehn Silben Ewigkeit. dtv, München 2012.
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