Ein ganzes halbes Jahr geistert schon seit einerWeile durch die Bücherbloggerwelt, als einer der Romane, der alle sehr berührt und den meisten große Heulattacken am Ende beschert hat. Für dieses spezielle Genre ist das wohl auch ein Qualitätsmerkmal (ja, leichter Zynismus). Zu meinem Lieblingsgenre wird es nicht werden, aber ich bin dann ja doch immer neugierig, was alle daran finden. Als Hörbuch kann man für die Urlaubsreise nicht viel falsch machen, wenngleich es mit mehr als 14 Stunden ein Marathon-Hörbuch ist. (Passt ja, irgendwie.)
Zum Glück war es kein Roman, den man rezensierend in der Luft zerreißen muss. Auf der Plusseite steht das durchaus sensible Thema Selbsttötung. Darf ein Mensch sich selbst töten, wenn er selbst sein Leben für nicht mehr lebenswert hält und keine Aussicht auf Besserung besteht? Die Autorin stellt das Thema dar, wie es ist: kontrovers und vielschichtig. Ethik, Religion, Verantwortung, rechtliche Aspekte uvm. werden im Laufe des Romans aufgegriffen. Interessant auch, dass nicht nur verschiedene Ansichten zu Wort kommen, sondern es wird auch deutlich, dass Meinungswechsel in Bezug auf die Bewertung der Tat oder des Wunsches möglich sind. Das Wertesystem des Buchs ist da durchaus flexibel und offen, bietet aber Orientierungspunkte.
Auf der Minusseite steht die streckenweise doch hart zu ertragende Rührseligkeit des Buchs. Liebe, Romantik haben ihre Daseinsberechtigung, aber hier waren einige Passagen doch sehr dick aufgetragen, rosarot oder stark simplifizierend in ihrem Grundwesen.
Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass die Protagonistin Lou oftmals sehr begriffsstutzig ist, was Zusammenhänge, die Beweggründe anderer oder gar ihre eigenen Emotionen angeht. An anderer Stelle wird ihre Intelligenz betont, warum ist sie immer die letzte, die versteht, was gerade mit ihr passiert? Sie ist sozusagen in einem emotionalen Strudel und kann diesen noch nicht einmal begreifen, geschweige denn ihm entkommen.
Ein wenig ausgeglichen wurde dies durch die kurzen Perspektivwechsel, im Audiobook auch durch andere Stimmen umgesetzt. Da kamen dann andere Beteiligte zu Wort und rückten die Geschehnisse wieder gerade. So waren Lou und ihr Handeln in der Außensicht durch andere Augen betracht besser zu beurteilen als in ihren eigenen eingeschränkten Innensicht.
Meine Gerührtheit hielt sich trotz den Tränen (die wohl dazu gehören, siehe oben) am Ende in Grenzen, aber für einen romantisch-dramatischen Roman war es erträglich.
Jojo Moyes, Ein ganzes halbes Jahr. Argon Verlag 2013.
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