Es ist Heiligabend und ein heftiger Schneesturm ist angekündigt - trotzdem müssen die beiden noch einmal raus, um Weihnachtsgeschenke zu kaufen. Bald hat Rico das Gefühl, dass Oskar ihm etwas verheimlicht - natürlich kommt er nicht ganz dahinter, was das sein könnte. Im Haus in der Dieffe herrscht das übliche Durcheinander: Die Kesslerkinder benehmen sich daneben, Frau Dahling wartet auf ihren neuen Geliebten und füttert Rico durch, Mommsen meckert und der Westbühl, Ricos neuer "Papa", wartet auf die Ankunft des neuen Geschwisterchens! Für das besorgt Rico zu Weihnachten erst einmal einen Schwimmreifen, damit es gut durch das Obstwasser kommt bei der Geburt...
In Rückblicken erzählt Rico von Geschehnissen aus dem Sommer, wo er sich mit einer bunten Mischung aus Kindern angefreundet hat, die sich immer in einem verlassenen Hinterhof treffen. Ganz ungetrübt blieb diese Freundschaft jedoch nicht: Als Oskar hinzukommt, kommt es zum Streit und bösen Vorwürfen und die Gruppe bricht auseinander.
Doch ausgerechnet an dem stürmischen Weihnachtsabend stehen plötzlich zwei der Kids bei Rico vor der Tür, um den Streit beizulegen. Voller Hoffnung gehen sie zu Oskar - doch der lässt sie abblitzen! Was ist da los, fragt sich Rico. Als sie herausfinden, was für ein Geheimnis Oskar hat, erreicht das Heiligabendchristkinderchaos seinen Höhepunkt...
Es ist eine durch und durch anrührende Geschichte von Freundschaft und dem Glauben an das Gute im Menschen, die Steinhöfel Rico in die Feder legt. Denn der ist es wieder, der stellvertretend und gewürzt mit seinen hinreißenden Tieferbegabten-Definitionen die Geschichte erzählt. Nur selten wirkt Rico etwas zu sprachgewandt - aber er ist ja auch älter geworden und sagt selbst, dass seine Bingokugeln viel seltener durch seinen Kopf rollen. Bestechend klar und schonungslos führt Steinhöfel dem Leser durch die vorurteilsbelastete Welt, findet alternative Sichtweisen durch die Augen eines Jungen, der selbst oft Vorurteilen ausgesetzt ist. Es ist in der Tat eine Weihnachtsgeschichte, liebevoll, vielleicht ein bisschen kitschig hier und da, aber am meistens besticht Steinhöfels unvergleichlicher Humor, lautes Auflachen inbegriffen. Die Lesung durch den Autor trägt natürlich zu dieser Wirkung bei. Bisher mein liebster Rico-und-Oskar-Band!
Andreas Steinhöfel, Rico, Oskar und das Vomhimmelhoch. Silberfisch 2017.
Einige Zitate als Kostprobe:
Ricos Definition von Profilneurose:
"PROFILNEUROSE: Wenn jemand sich vor anderen wieder und wieder darstellen muss, auch wenn die ihn schon jahrelang kennen und das langweilig finden. Es ist die Vorstufe von Narzissmus, wo einer nur noch sich selber sieht und liebt. Keine Ahnung, was das alles mit Rosen und Narzissen zu tun hat, aber es betrifft nicht nur Gärtner."Ricos Sichtweise auf die weihnachtliche Fleischauslage:
"Irgendwer hatte mal hier, mal dort ein paar Tannenzweige, silberne Christbaumkugeln und rote Schleifchen in die Auslage gelegt. Als ob so ein Schnitzel oder ein Steak, wenn es erst mal hier gelandet war, noch einen Grund zum Feiern hätte."Oskars trockene Analyse seiner Mitmenschen:
"...und Oskar hatte gesagt, der Kessler sei bloß sauer, weil seine eigenen Kinder nicht gerade die hellsten Kerzen auf der Torte wären. Ich hatte mich automatisch sofort nach Kuchen umgeschaut, bis Oskar mir den Ausspruch erklärte, und zwar so lange, bis ich ihn erstens endlich verstanden und zweitens ein bisschen witzig gefunden hatte."
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