Das Dornenkind aus dem Titel des fünften Falls von Nils Trojan ist die Tochter des Federmanns aus dem ersten Band. Der war vom Dach eines Hauses gestürzt, für tot angenommen, aber nicht gefunden worden. Und - welch Überraschung - er kehrt zurück. Die Tochter Wendy, ein etwas unklarer Charakter, will ihn treffen und kehrt nach einer Zeit in Vancouver nach Berlin zurück. Dort geschehen wieder Morde, den Opfern werden Worte in die Haut geritzt. Trojan will es erst nicht wahrhaben, aber Wendy bestätigt ihm schließlich, dass ihr Vater noch lebt und Kontakt mit ihr aufgenommen hat. Und er will sich an Trojan rächen, da er diesen für die schweren gesundheitlichen Folgen, die sein Sturz mit sich brachte, verantwortlich macht. Er spielt Wendy und einen weiteren Komplizen geschickt aus, um sowohl Trojans Tochter Emily als auch dessen Lebensgefährtin Jana zu bedrohen. Die Spannung wird hauptsächlich dadurch aufrechterhalten, dass man im Ungewissen bleibt, ob sich Wendy auf die Seite des Guten oder des Bösen schlägt und der Autor gibt sich große Mühe, damit zu spielen und baut mehrere Wendungen und Doppeldeutigkeiten ein.
Trotzdem oder vielleicht gerade deswegen funktioniert Das Dornenkind nicht.
Trojan, der zugegebenermaßen psychisch schon immer instabil war, lässt sich von Wendy irritieren und einwickeln. Er denkt zu wenig und agiert kopflos. Zwar verfolgt er die ein oder andere Spur, die Rettung der Tochter aber fällt mal wieder vom Himmel. Gekrönt wird dies noch von der meines Erachtens überflüssigen persönlichen Epilogs, ob auch Trojans Vater ein Mörder sei. Damit wird die im Buch aufgeworfene Frage, ob das Verlangen zum Morden vererbbar sei, auf etwas arg flache Weise weitergetragen.
Auch andere Charaktere werfen mehr Fragen auf als sie Antworten geben: Der liebende Ehemann, der so gestört ist, dass er dem Federmann blindlings als Fan (!) gehorcht, gleichzeitig aber seine Frau aufopferungsvoll pflegt? Dieselbe Ehefrau, die angeblich nichts mitbekommt, dann aber trotz Lähmung die Treppe herunterkrabbelt? Der Wahrsager, dessen einzige Aufgabe ist Spurenlieferant zu sein, ansonsten aber völlig deplatziert wirkt? Und immer wieder Wendy und ihr irrationales Hin und Her...
Prinzipiell habe ich auch nichts dagegen, den Bösen aus einem vorangegangenen Band wieder auftauchen zu lassen, das haben auch schon andere (z.B. Patricia Cornwell mit dem "Loup Garou") getan. Ihn auch beim zweiten Mal nicht zur Strecke zu bringen, zumal der Federmann gesundheitlich nicht völlig handlungsfähig ist, wird dann etwas unglaubwürdig. Die Polizei scheint durchaus extrem unfähig zu sein, wenn ein einarmiger Serienkiller mit Perücke so einfach entkommen kann.
Nein, diesen Band habe ich mit großem Unwillen zuende gehört, wenn auch die Lesung von Axel Milberg tadellos wie immer war.
Max Bentow, Das Dornenkind. Der Hörverlag 2015.
Die Bücher der Serie um Nils Trojan:
#1 Der Federmann
#2 Die Puppenmacherin
#3 Die Totentänzerin
#4 Das Hexenmädchen
#5 Das Dornenkind
#6 Der Traummacher
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