Das Setting zu Beginn ist tragisch: Die achtjährige Heidi hat beide Eltern verloren, wurde erst von der Großmutter, dann von der Tante aufgezogen. Letztere gibt sie aber kurzerhand wegen eines guten Jobangebots bei dem grantigen Großvater väterlicherseits in den Schweizer Bergen ab. Der ist zwar wortkarg und sozial isoliert, aber dennoch dem Kind zugetan, weil es sich auch sehr angepasst und freundlich verhält. Und durch seine freundliche Art schafft es "das Heidi" leicht, auch zu den wenigen anderen Menschen, die es in der Einsamkeit der Alm gibt, freundschaftlichen Kontakt herzustellen - und zwingt damit den Großvater zumindest nicht mehr gar so unfreundlich zu sein.
Dann schlägt das Schicksal noch einmal zu, wieder in Form der etwas herzlosen Tante, die es eine gute Idee findet, Heidi nach Frankfurt zu verpflanzen, um dort einer gelähmten Tochter aus reichem Hause Gesellschaft zu leisten. Gesellschaftlich sicher ein Aufstieg, aber Heidi leidet dermaßen an Heimweh, dass sie wortwörtlich beinahe umkommt. Kurz lernt sie noch lesen und ein bisschen mehr von der Welt kennen, dann hat der Hausherr Erbarmen und lässt sie zum Großvater zurückschicken.
Mit einer aus heutiger Sicht gewissen Portion Kitsch und überzogener Selbstlosigkeit und Nächstenliebe verteilt Heidi zuhause ihre überbordende Zuneigung und Geschenke und bringt damit allen Freude und schließlich sogar den Großvater dazu, sein Herz zu öffnen. Die Geschichte vom verlorenen Sohn, die Heidi aus dem aus Frankfurt mitgebrachten Buch vorliest, lässt den Großvater wieder den Weg in die Kirche und zu den Menschen zurückfinden. Dieser letzte Teil ist rührselig, rundet aber dennoch die Geschichte ab, indem der von Heidi geliebte Großvater auch bei den anderen Bewohnern Anerkennung findet, nicht zuletzt dafür, dass er das Kind aufgenommen und fürsorglich aufgezogen hat.
Natürlich ist Heidi ein Charakter, der aus heutiger Sicht zu gut ist, um wahr zu sein. Die geschilderte Idylle in den Alpen ist eher phantastischer Sehnsuchtsort als echter Lebensraum, die Bekehrung des Großvaters ein moralischer Wunschtraum. Aber auch dafür lesen wir, für die Auszeiten an beschaulischen Orten, wo die Welt und die Menschen im Einklang miteinander sind und alles am Ende gut wird.
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