Von den vier geplanten Bänden ihres "Klimaquartetts" hat Maja Lunde bisher drei veröffentlicht. Nach Die Geschichte der Bienen und Die Geschichte des Wassers erschien 2019 Die letzten ihrer Art.
Michail Alexandrowitsch Kowrow, Mitarbeiter des Zoos in St. Petersburg, macht sich im Jahr 1883 zusammen mit dem Tierfänger-Experten Wilhelm Wolf auf, um Exemplare des Urpferds zu fangen, während 1992 die Tierärztin Karin es als ihr Lebenswerk ansieht, die in der Mongolei ausgestorbenen Pferde dort wieder anzusiedeln. Der dritte Erzählstrang spielt 2064, das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben ist in Norwegen aufgrund des Klimawandels zum Erliegen gekommen. Eva lebt mit ihrer Tochter auf einem Bauernhof, der ehemals zu einem Tierpark mit bedrohten Arten gehörte. Dort gibt es auch eine letzte Przewalski-Stute mit ihrem Fohlen.
Alle Protagonisten befinden sich in schwierigen Lebenssituationen, sind mit sich und ihrer Identität nicht im Reinen und versuchen sich selbst darüber hinwegzutäuschen. Während Michail sich seine Homosexualität selbst nicht eingestehen mag, ist Karin tief entfremdet von ihrem eigenen Sohn, den diese lang andauernde Distanziertheit in die Drogensucht getrieben hat. Sie kann sich ihre Defizite als Mutter nicht eingestehen und bemüht sich stattdessen übermäßig um die Pferde. Letztere treten 2064 in den Hintergrund. Eva harrt auf ihrem Hof in einer vermeintlich sicheren Position aus, glaubt, als einzige die richtige Sicht auf die Zukunft zu haben und muss feststellen, dass sich ihre Lage alles andere als stabil ist und ihnen die Lebensgrundlage zwischen den Fingern zerrinnt. Ob der Aufbruch - was bedeutet, den Hof und die Pferde aufzugeben - eine bessere Alternative bietet, bleibt offen.
Zwar beschäftigen sich alle Protagonisten phasenweise mit den Pferden und setzen sich mit dem Thema der Arterhaltung auseinander, dennoch bleiben sie symbolhaft. Sie werden von außen geschildert, lösen trotz der geschilderten Nähe wenig Emotionalität aus. Ketzerisch gesagt, könnte auch jede andere Tierart an ihre Stelle treten, für den Roman würde dies kaum einen Unterschied machen. Wenngleich, ähnlich wie bei Die Geschichte der Bienen schwierige Eltern-Kind-Beziehungen vorkommen, interagieren die einzelnen Ebenen wenig bis gar nicht miteinander. Ihr Zusammenhang ist lose, das offen verbindende Element der Przewalskis stellt - meines Erachtens - auch keinen tieferen Bezug her.
Das heißt nicht, dass Die letzten ihrer Art ein schlechter Roman ist. Die einzelnen Geschichten und Protagonisten haben durchaus Tiefe und ihre Erlebnisse sind interessant, ihre unterschiedlichen Stimmen gut herausgearbeitet. Trotzdem bleibt das Gefühl, dass Idee und Konzept hier noch hätten weiter tragen können (und sollen) und vor allem das Thema des Artensterbens hätte mehr Raum bekommen sollen. So verkommt zum Randgeschehen, die Pferde als lose Verbindung der Geschichten, aber nicht als treibendes inhaltliches Element.
Maja Lunde, Die letzten ihrer Art. Hörverlag 2019.
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