Dem gegenüber stehen die bei mir leicht enttäuschten Erwartungen an diesen Roman von Benedict Wells, der viele begeistern konnte, was ich nur schwerlich nachvollziehen kann. Die Hauptfigur des Robert Beck ist sicherlich absichtlich unsympathisch angelegt, aber für mich war er in einem Maße unattraktiv, dass mich im Grunde fast nicht mehr interessierte, was mit ihm weiter passierte. Schlechte Voraussetzungen. Rauli und Charlie, die im Wesentlichen durch ihr Vorhandensein die Handlung vorantreiben, waren deutlich interessanter gezeichnet, wenngleich der Autor uns keine Innensichten ermöglicht, da Beck sich offensichtlich kaum für die Gefühle seiner Mitmenschen interessiert. Die weiblichen Charaktere sind ein Totalausfall, nur Mittel zum Zweck und wir erfahren so gut wie nichts über ihr Denken und Fühlen. Besonders gruselig ist die Darstellung der Schülerin, mit der Beck ein unfassbar ungesundes Verhältnis hat, welches nur beweist, wie schlecht er als Lehrer geeignet ist. Als Musiker ist er aber scheinbar auch keine Leuchte, denn ohne Rauli ist er fast ein Nichts. Der Roadmovie-Teil des Romans hatte das Potenzial, milde unterhaltsam zu sein, gerät aber schon bald in Schieflage, denn nach den vorhergegangenen eher sehr gewöhnlichen Erlebnissen in Becks langweiligem Leben, wirken die Gewalttaten, Drogenexzesse und skurrilen Begegnungen aufgesetzt. Erzählerisch greift dann zwischendurch noch der "Autor" in die Geschichte ein und berichtet davon, dass er die Geschichte von Beck erzählt bekommen hat, lässt aber Teile weg, weil Beck ihn darum bittet. Dieser "Kniff" in der Geschichte wirkte für mich eher aufgesetzt, aber vielleicht habe ich es auch nicht vollends verstanden? Betrachtet man Becks letzter Sommer als Coming-of-Age-Story, so denkt man erst, dass Beck zumindest verstanden hat, das sein Leben vorher langweilig, leer und unerfüllt war. Aber was hat er erreicht? Er endet einsamer als vorher und ist auf - wenn man so will - Almosen angewiesen, um vielleicht doch noch Erfolg zu haben. Was hat Beck also gewonnen?
Ich jedenfalls habe durch die Lektüre des Romans nicht allzu viel gewonnen, so mein Fazit.
Benedict Wells, Becks letzter Sommer. Diogenes 2015.
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