Tuesday, February 09, 2016

Olivia Vieweg - Huck Finn

Huckleberry Finn von Mark Twan ist ein durchaus beeindruckendes literarisches Werk, das viele Bedeutungsebenen hat. Vorweg steht sicher der Abenteuerroman - der Junge, der auf einem Floß durch das Land reist.
Olivia Vieweg nimmt Mark Twains Geschichte und erzählt sie als die einen weißen Jungen in Ostdeutschland (Halle an der Saale).
Die Parallelen stimmen in groben Zügen, Huck ist Halbwaise und zwischenzeitlich bei einer Witwe untergekommen, die sich für ihn einsetzt. Im Original besteht der Konflikt dieser Konstellation darin, dass die Witwe weiß und religiös, Huck dagegen schwarz und frei von echter Erziehung ist und sein Leben lang für sich selbst sorgen musste. In der Adaption scheint hier keine echte Not zu bestehen, der weiße Huck scheint einfach nur ein fauler Sack zu sein (siehe Beispielseite unten), der nicht zu Schule und nur abhängen will. Das lässt den Charakter in einem völlig anderen Licht erscheinen.


Diese Diskrepanz zwischen Original und Adaption setzt sich auch in weiteren Elementen fort, bestimmte Gewissenskonflikte Huck Finns, die Mark Twains Roman Tiefe und Ambivalenz geben, funktionieren in dem neuen Setting deutlich schlechter. Seine Mitreisende ist eine junge asiatische Prostituierte (statt des Sklaven Jim), die ihn zwar kurzfristig in Gewissenskonflikte bringt, aber die Bedeutung dessen wird in der Graphic Novel schwerlich klar, im Roman hingegen ist dies eine Schlüsselszene für Huck und seine Lebensphilosophie. Die Fehde zweier am Fluss lebender Familien wirkt für Sachsen-Anhalt ebenfalls etwas herbeifabuliert.
So gelingt es Olivia Vieweg trotz recht atmosphärischer Bilder meines Erachtens nicht, die Tiefe der Geschichte erfolgreich in das neue Medium zu übertragen, ihr Huck Finn bleibt oberflächlich und rein unterhaltend.

Olivia Vieweg, Huck Finn. Suhrkamp, Berlin 2013.




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