The Woman in the Window von A.J. Finn handelt von Anna Fox, ehemals praktizierende Kinderpyschologin, die nun allein in ihrem New Yorker Haus lebt und aufgrund einer Agoraphobie dieses nicht mehr verlässt.
Die Mischung aus Depression, Ängsten, Medikamenten und Alkoholmissbrauch macht Anna zu einer der unzuverlässigsten Erzählerin, die man sich vorstellen kann. Man kann ihr und ihrer Wahrnehmung nicht trauen, ihre Rastlosigkeit und der Nebel, in dem sie sich meistens bewegt, der auch sprachlich zum Ausdruck kommt, lassen den Leser dies bereits schnell spüren. Ihr Alltag ist geprägt von einigen wenigen online-Kontakten, alten Schwarz-Weiß-Filmen und - daher der Titel - dem Beobachten ihrer Nachbarn ringsum, deren Leben sie miterlebt und gedanklich ausschmückt.
Der Titel ist auch in Kombination mit den cineastischen Vorlieben von Anna überaus passend - denn wie in Das Fenster zum Hof (Hitchcock, 1954) wird sie bei ihren Beobachtungen Zeugin eines Verbrechens. Doch aufgrund ihrer psychischen Verfassung glaubt ihr niemand, es folgt der Selbstzweifel, nichts ist wie es scheint - was ist Wirklichkeit und was ist nur in ihrer Kopf?
Nach erfolgreichen Thrillern wie Gone Girl, The Woman in Cabin 10 und anderen weiß man schon, dass schließlich eine große Wendung zu erwarten ist (vielleicht auch zwei), und dass das, was offensichtlich scheint, auf keinen Fall die Lösung sein wird. So sucht man schon vorher nach der unwahrscheinlichen Möglichkeit, nach dem harmlosen Charakter, der sich dann als Psychopath herausstellt. So erging es mir bei The Woman in the Window und das war nicht unbedingt ein Vorteil beim Lesen. Anna selbst erschien mir übertrieben beeinträchtigt, denn trotz ihres Schicksals und der dramatischen Gründe für ihre Krankheit, verhält sie sich für eine intelligente Frau mit einer psychologischen Ausbildung tatsächlich ausgesprochen dumm. Das betrifft ihren Umgang sowohl mit Medikamenten und Alkohol als auch den mit den Menschen um sie herum. Da hilft es auch nicht, dass sie genau dies im Finale aufs Brot geschmiert bekommt... So hält sich meine Begeisterung trotz der durchaus vorhandenen Spannungskurve in Grenzen.
A.J. Finn, The Woman in the Window. William Morrow, NY 2018.
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