Saturday, April 23, 2022

Alan Bradley - Tote Vögel singen nicht

Mit dem Knalleffekt "Harriet kommt heim" hatte Alan Bradley den fünften Band um Flavia de Luce enden lassen - nahtlos finden wir uns nun am Dorfbahnhof ein, wo mit viel staatlichem Prunk der Sarg von Flavias Mutter eintrifft. Die Familie de Luce befindet sich in tiefer Trauer nach der jahrelangen Ungewissheit, was Harriet zugestoßen sein könnte. Flavia wäre aber nicht Flavia, wenn sie nicht den verbleibenden Geheimnissen um jeden Preis nachgehen müsste und dabei nach und nach tatsächlich der Geschichte ihrer Mutter, aber auch der Geschichte der Familie de Luce entschlüsselt. 

Tote Vögel singen nicht stellt die vertrauten Charaktere von Buckshaw in einer emotionalen Extremsituation dar. Selbst Flavia, sonst eine Meisterin der Selbstverleugnung, weiß um ihre eigene Verletzlichkeit und nimmt sie auch in ihren Mitmenschen wahr und agiert in ihrer Trauer vorsichtiger und beherrschter als sonst. Der Band liest sich flüssig, auf unnötige Längen wird verzichtet, aber der Plot weist einige Sprünge auf. Einige der Erkenntnisse fallen Flavia diesmal in den Schoß, ihre Ermittlungspläne, wie immer teils sehr obskur und chemischer Natur, werden verhindert durch die eintretenden Ereignisse. Ihr selbst und auch dem Leser wird immer klarer - die Zusammenhänge sind ernster und schwerwiegender als bisher angenommen, die kindliche Sorglosigkeit, mit der sie sich bisher durch ihre Fälle monövriert hat, wird hier nicht funktionieren. Passend dazu wird am Ende des Romans klar, dass Flavias Leben eine neue Wendung nehmen wird.

Mich haben die Brüche in der Handlung nicht allzu sehr gestört, die Spannung auf die Enthüllung der Familiengeheimnisse und das Interesse an den Charakteren haben mich bei Laune gehalten. Am Ende bleiben natürlich weiter Fragen, aber es gibt noch die nächsten Bände... 

Alan Bradley, Tote Vögel singen nicht. Penhaligon, München 2014.

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