Wednesday, March 13, 2013

Timur Vermes - Er ist wieder da


Wo soll ich da anfangen?
Das Cover von Er ist wieder da sagt über den Plot ja bereits das meiste aus:
Adolf Hitler erwacht 2011 auf einem leeren Grundstück in Berlin-Mitte. Seine letzten Erinnerungen sind die von 1945, er hat keine Ahnung vom jetzigen Deutschland. Ein Kioskbesitzer vermittelt ihn als Komiker (denn echt kann er ja nicht sein, aber er wirkt so echt!) an einen Fernsehsender. Innerhalb kurzer Zeit gelingt es ihm mit den alten Inhalten und Reden an die Spitze der Beliebtheitsskala der deutschen Medienlandschaft zu kommen. 

Punkt. Mehr Inhalt ist nicht. Das kann man auf dem Klappentext lesen und das ist kein Spoiler. 
Bis zuletzt hatte ich auf die überraschende Wendung, den Knalleffekt gewartet, der nicht kam. 

Aber noch einmal zurück.
In der Beschreibung bei goodreads stehen folgende Optionen zur Kategorisierung des Romans: "Eine Persiflage? Eine Satire? Polit-Comedy?"
Diese haben alle gemein, dass sie witzig sind oder sein sollen. 
Die Idee eines Hitlers in der Jetzt-Zeit, der sich das kranke Lüstern nach Sensation und die Durchlässigkeit der schnelllebigen Medien zunutze macht, finde ich genial. Es ist schrecklich und es ist vor allem schrecklich denkbar. 
Die Idee bietet das Potenzial der Gesellschaft den Spiegel vorzuhalten: Seht her, ihr Affen, ihr fallt auf alles herein, seht her, wie wenig ihr begriffen habt, sehr her, wie wichtig es ist, dass man sich erinnert. 
Die Idee bietet auch die Möglichkeit, mit dem Finger auf das immer noch vorhandene Gedankengut in den fiesen rechten Gefilden hinzuweisen. 
Die Idee könnte auch enttarnen, wie Propaganda funktioniert oder wie Satire eben nicht funktioniert, nämlich das es für eine Satire nicht ausreicht, nur das Original zu kopieren, das sie eigentlich ins Lächerliche ziehen möchte. Es gehört mehr dazu.

Was Timur Vermes geschrieben hat, sind seitenlange Abhandlungen über Hitlers Denkweise und Ansichten über die Gegenwart. Anfangs hat es etwas Komisches, der Zeitreiseschock und die mediale Verwirrung, in der sich Hitler wiederfindet. Auch war ich gespannt, wie es ihm gelingen würde, sich in die Fernsehsendung zu schmuggeln, ohne das jemand hinterfragt, wer er ist, oder über seinen mangelnden persönlichen Background stolpert. 
Schmunzeln muss man, wenn er sich abfällig über gesellschaftliche Missstände und aktuelle Persönlichkeiten der Politik äußert, da zeigt sich ein satirischer, gesellschaftskritischer Blick. Aber mir blieb selbst das Schmunzeln im Hals stecken, wenn es sogleich wieder mit Naziideologie vermengt wurde.
Im Grunde will ich, selbst wenn es als Satire gemeint ist, nicht die Perpektive Hitlers einnehmen, ich will nicht seine Gedanken aus der Ich-Perpektive lesen, ich will nicht seiner Logik folgen. Dabei wird mir schlecht. Viel zu kurz kommt dabei die Kritik, wie es sein kann, dass so jemand realistisch betrachtet sogar die Chance hätte, ins Rampenlicht zu kommen, Redezeit bekäme! Was sagt das über diese Gesellschaft? Keine Tabus - selbst ein Hitler ist nur ein Witz, wie dieser finstere Teil der deutschen Geschichte auch?
Nur einmal wird Hitler konfrontiert mit den Folgen seiner historischen Taten, als seine Sekretärin kündigen will, weil ihre Oma nicht erträgt, dass sie bei jemandem arbeitet, der Hitler ist bzw. so wie Hitler ist. Er besucht die Oma, um sie von seiner Rechtschaffenheit zu überzeugen. Und das gelingt ihm. Einfach so. Und damit vergeht die Chance, in dem Roman einen ernsten Kontrapunkt zu setzen, ein Statement gegen Hitler zu machen. Was bleibt ist viel Hitler-Gewäsch, ein paar zynische Bemerkungen über Politik und Gegenwartsgeschehen und ein Armutszeugnis an die fiktive deutsche Gesellschaft. Von allem ein bisschen und nichts richtig. Und damit endet der Roman. 

Vielleicht bin ich nicht die richtige Leserin für dieses Buch, vielleicht kann ich das Thema nicht mit Humor betrachten, aber ich glaube dennoch, dass Vermes weit hinter den Möglichkeiten der Idee zurückbleibt. 

Timur Vermes, Er ist wieder da. Eichborn, Frankfurt am Main 2012.

1 comment:

Herr Rau said...

Dann warte ich noch mit dem Lesen. Ich hab's ind er Buchhandlung gesehen, eher so mau, dann hat es einem Kollegen gefallen, und viel mehr weiß ich nicht. Mein Instinkt rät mir ab.