Monday, March 11, 2013

Ursula Haucke - Papa, Charly hat gesagt...

Ich kann mich nicht mehr sicher daran erinnern, woher ich das "Papa, Charly hat gesagt, sein Vater hat gesagt,..." genau kenne - ob es ausgeliehene Kassetten oder das Radio waren. Jedenfalls liefen die ersten Folgen bereits vor meiner Geburt.
Laut wikipedia wurden verschiedene Staffeln von verschiedenen Hörfunksenden produziert. Viele Folgen wurden von Ursula Haucke verfasst, einige aber auch von anderen Autoren (z.B. Margarete Jehn) geschrieben. Die vagen, aber positiven Erinnerungen daran wollte ich auffrischen und kaufte den Sammelband mit einigen der Dialoge.
Sohn: Peter Heeckt | Vater: Gert Haucke
Von ihrem stets gleichbleibenden Anfang (mit nur wenigen Ausnahmen, wie zum Beispiel "Papa, Charly hat gesagt, seine Schwester hat gesagt,...) können die Geschichten sehr unterschiedliche Themen behandeln. Der Sohn provoziert den Vater mit den Äußerungen von Charlys Vater, der immer zuverlässig widerspricht und die Aussagen als falsch beweisen will. Dabei stellt der Sohn entwaffnende Gegenfragen, die deutlich machen, dass er deutlich länger darüber nachgedacht hat, als die ursprüngliche Frage oder Äußerung glauben machen ließ. Oft kommt noch eine persönliche Note in das Gespräch, bei der klar wird, dass das Denken des Vaters oft von gesellschaftlichen Konventionen und teils auch von Vorurteilen geprägt wird, auch wenn dieser das niemals zugeben möchte. Das alltägliche Handeln des Vaters bleibt häufig hinter seinen ideellen Vorstellungen zurück, was der Sohn ihm wie im Spiegel vorhält.

An diesen Dialogen finde ich zweierlei faszinierend:
Erstens: Diese schlichte literarische Form des Dialogs von Vater und Sohn ist so alltäglich und beginnt oft mit Kleinigkeiten, die jeder erlebt hat oder haben könnte, dass die Identifikation mit dem Problem leicht fällt. Auf diese Weise ist es nicht nur der Vater, der den Spiegel vorgehalten bekommt, sondern die kindlich-entwaffnende, aber dennoch bohrende Logik trifft auch den Zuhörer bzw. Leser. Man fragt sich unwillkürlich: Habe ich das nicht auch schon so getan oder so gedacht? - und stellt dabei die Diskrepanz zwischen eigenem (bequemen) Verhalten und dem moralischen Anspruch an sich selbst und/oder der Gesellschaft fest.
Zweitens: Die Geschichten sind inzwischen mehrere Jahrzehnte alt. Obwohl einigen sicherlich typische 70er/80er Jahre-Themen zugrunde liegen und die Moral vielleicht als ein wenig verstaubt gelten mag, so ist es doch verblüffend, wie viele der Dinge, über die sich der Sohn  Gedanken macht, immer noch bedenkenswert sind. Die Dialoge haben uns immer noch etwas zu sagen, trotz ihres Alters, sind teilweise universell.
So wird mich das Buch noch eine Weile begleiten, noch sind nicht alle Geschichten gelesen, einige kann man auch durchaus mehrmals lesen.

PS:
Bei youtube finden sich einige wenige Folgen der Originalserie. Dort findet sich aber auch eine sehr witzige Lesung von Oliver Rohrbeck und Detlef Bierstedt (Hamburg, 04.11.12) über "lange Haare", die ich (als ???-Fan) hier trotz mäßiger Qualität mal anfüge.

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