Tuesday, February 28, 2017

Monday, February 27, 2017

Don't waste time

This probably translates as:
"Waste of time is as irreversible as death."
postcrossing card by Robert from Poland

Saturday, February 25, 2017

Jeffery Deaver - Der gehetzte Uhrmacher


Dies ist der siebte Band in Jeffery Deaver Reihe um Lincoln Rhyme and Amelia Sachs. Der gehetzte Uhrmacher ist ein geschickter Mörder, der alle seine Schritte sorgfältig im Voraus plant und somit einen würdigen Gegner für den Forensiker Lincoln Rhyme darstellt. Sachs arbeitet gleichzeitig noch an zwei ungeklärten Mordfällen, die scheinbar mit Korruption innerhalb der Polizei zu tun haben.
Wie alle Deaver-Thriller hat auch dieser ein hohes Erzähltempo, viele Dinge geschehen gleichzeitig, in schneller Folge und benötigen schnelle Reaktionen der Protagonisten. Ebenso ist nichts, wie es auf den ersten Blick bzw. auf die erste Schilderung hin scheint, denn der Uhrmacher täuscht nicht nur seine Verfolger, sondern auch seine Auftraggeber sind im Unklaren über seine Motive. Doch Rhyme und Sachs haben weitere Unterstützung durch Kathryn Dance - eine Kinesik-Expertin, der Deaver eine eigene Serie gewidmet hat. Diese bringt die Ermittler mehr als einmal dazu, die Aussagen der Zeugen und Verdächtigen zu hinterfragen, so dass auch die forensischen Beweise anders interpretiert werden müssen. Passend zu der Korruptionsproblematik überlegt Sachs, ob sie den Polizeiberuf an den Nagel hängen will, eine Tatsache, die Rhyme sehr verunsichert. Emotionen und sachliche Analyse der Situation widersprechen sich - gespiegelt durch Dances geschärfte Wahrnehmung menschlichen Verhaltens.
Der gehetzte Uhrmacher ist mit über 15 Stunden Hörzeit (zuverlässig umgesetzt durch Dietmar Wunder) umfangreich und man ist zwischendurch dankbar über die Deaver-typischen Zusammenfassungen der Spurenlage. Die Wendungen, die zwar verblüffen, aber nicht mehr unerwartet sind (auch sie sind typisch Deaver), wirken gegen Ende etwas aufgesetzt, das Austricksen des überschlauen, perfektionistischen Gegners ist ein bisschen unglaubwürdig. Dennoch blieb die Story weitgehend spannend und mit Kathryn Dance und dem neuen Assistenten Ron Pulaski waren zwei neue interessante Charaktere dabei.

Jeffery Deaver, Der gehetzte Uhrmacher, Random House Audio 2007.

Friday, February 24, 2017

Piano music

illustration by Fiep Westendorp for Jip en Janneke by Annie M.G. Schmidt
postcrossing card by Diane from the Netherlands

Tuesday, February 21, 2017

Erich Fried - Schwarz auf weiß

Beim Papier
an dem mein zerknittertes Leben
ersticken wird
suche ich Schutz
vor deinem Schweigen


Im langsamen
Korrigieren
suche ich
ein Gegengewicht
gegen meine voreiligen Worte

Tusche, Sylt 2016, by In Between

Trennung
meiner Trauer von Bitterkeit
Trennung
meiner Ungeduld
von meiner Liebe


Ich suche
geduldig
aber Papier
hat wenig
Geduld


aus: Lebensschatten. Wagenbach-Verlag, Berlin 1981.

Monday, February 20, 2017

For fun

No more words needed - makes me wanna go hiking in the UK again! :)
card sent by Michael, Peak District, UK

Eric Berg - Das Küstengrab

Das Küstengrab von Eric Berg erzählt die Geschichte von Lea Mahler, einer erfolgreichen Fotografin, die nach einem Autounfall ihr Gedächtnis verloren hat. Nur bruchstückhaft erinnert sie sich an die Ereignisse, die zu ihrer Rückkehr auf ihre Heimatinsel Poel und schlussendlich zu dem Unfall führten. In Rückblenden und Erinnerungen Leas, aber auch durch die Erzählungen ihrer Schwester, die bei dem Unfall umkam und nicht mehr befragt werden kann, setzt sich nach und nach das Puzzle zusammen, dass sich um das Verschwinden eines Freundes 1990 und der Rolle der alten Jugendclique dabei dreht.

In aller Kürze ist Das Küstengrab ein sehr psychologisierender Roman, der in weiten Strecken sehr langatmig erzählt wird, ohne dabei eine besondere Atmosphäre zu erzeugen. Das Phänomen des Gedächtnisverlustes trägt nur schwach bis gar nicht zum Spannungsaufbau bei, die Rückblenden sollen zwar Schritt für Schritt an die Wahrheit heranführen, sind dabei aber in derart kleine Häppchen eingeteilt, dass man das Gähnen fast nicht unterdrücken kann. Dieser Lesung hätte es gut getan nicht "ungekürzt" zu sein, über elf Stunden sind für die Story definitiv zu lang, zumal die Aufklärung dann in den letzten paar Minuten doch arg übers Knie gebrochen wird. Hier hat sich der Autor definitiv in einer langatmigen Schilderung der Insel und der kleinen Gruppe von belasteten Charakteren verloren. 

Eric Berg, Das Küstengrab. Random House Audio 2014. 

Auch gelesen vom gleichen Autor: Das Nebelhaus

Eric Berg ist das Pseudonym von Eric Walz, das der Autor für seinen Genrewechsel vom historischen Roman zum Krimi gewählt hat.

Sunday, February 19, 2017

Pooh stamp card

reproduced from a stamp designed by Edward Hughes, 
issued by the Post Office on 18th July 1979, 
card sent by Louise from the UK


Saturday, February 18, 2017

Patrick Ness - Das dunkle Paradies

Nach Die Flucht, dem ersten Band der New World Serie von Patrick Ness, war das Lesen des zweiten Bandes sozusagen unvermeidlich. Da stolpern die Protagonisten dem Tode nah in das Ziel ihrer Flucht, die Stadt Haven, nur um direkt in die Fänge ihrer Feinde zu geraten - ein solcher Cliffhanger ist unerträglich.
War der Feind im ersten Band noch etwas unscharf, so ist der Bürgermeister/Präsident von Prentistown
nun überaus präsent. Er ist das personalisierte Böse, hat Macht und zunächst unverständliche Kräfte. Die große Errungenschaft Havens, den "Lärm" (den Gedankenstrom der männlichen Einwohner) durch Medikamente zu kontrollieren, setzt er ein, um die Bevölkerung zu kontrollieren und zu unterdrücken. Bald wird klar, dass seine Herrschaft eine des Terrors und der Gewalt ist. Sofort werden Viola und Todd voneinander getrennt, beide werden im Unklaren gehalten, wo der andere ist und wie es ihm geht und damit unter Druck gesetzt, zu tun, was der Bürgermeister von ihnen will.
Eine Gruppe von Frauen unter der Führung einer machtbesessenen und skrupellosen Heilerin widersetzt sich dem Bürgermeister und geht in die Rebellion und damit in eine Art Bürgerkrieg. Mit Bomben und Überfällen verbreiten sie Schrecken, gleichzeitig werden sie durch die Propaganda des Bürgermeisters als die Bedrohung dargestellt. Viola wird auf die Seite der Frauen, Todd auf die andere Seite gezogen.
Lange Strecken des Romans dienen der Schilderung des Schreckens und der Ungerechtigkeiten beider Gruppen, auch die Vereinnahmung der beiden Protagonisten durch die Lügen und die daraus resultierende Angst nimmt breiten Raum ein. Dabei legt Ness großen Wert darauf die moralischen Unzulänglichkeiten beider Systeme aufzuzeigen: Die Rebellen, die durch geschickte Manipulation Menschen für sich Risiken eingehen lassen, die Gewaltanwendung für legititm erachten, auch wenn Unschuldige dabei sterben, und deren wahre Ziele im Verborgenen bleiben, stehen auf der einen Seite. Dem gegenüber steht ein ungerechtes totalitäres System mit Arbeits-/Konzentrationslagern, einem Überwachungssystem durch Spitzel, die Unterdrückung und Misshandlung von Schwächeren, die Gehirnwäsche der Untergebenen zum blinden Gehorsam und Anwendung von Folter, um die eigenen Interessen durchzusetzen. Beides erfährt der Leser abwechselnd durch die Augen von Viola und Todd in allen Grausamkeiten, aber auch mit dem Selbstzweifel und der Verzweiflung, dem System nichts entgegensetzen zu können. Beide fallen auch auf die cleveren Anführer streckenweise herein, auch wenn ihr Glaube aneinander schließlich überweigt.
Diese Schilderung der Systeme ist detailreich - aber auch langatmig. Erst auf den letzten 100 Seiten kommt wieder echte Bewegung in die Handlung, als die Protagonisten wieder aufeinander treffen. Sie besinnen sich aufeinander, werden sich des Betrugs durch die Führenden schmerzlich bewusst und versuchen den Ausbruch und müssen dafür den Kampf gegen den übermächtigen Gegner aufnehmen. Doch um die Sache zu verkomplizieren (und den Cliffhanger für Band drei zu erzeugen) tauchen neue Gegner/Verbündete auf, deren zukünftiger Einfluss auf die Zukunft unklar ist...

Das dunkle Paradies kann nicht durch eine überzeugende actionreiche Handlung überzeugen, der Schwerpunkt liegt sehr stark auf dem psychologischen Effekt totalitärer Systeme auf den Einzelnen, die Frage der Schuld wird dabei seltsam ausgeklammert und mit Hilflosigkeit, Zwängen und "jeder macht Fehler" entschuldigt, so mein subjektiver Eindruck. Hinzu kommen viele schockierende, gewaltintensive Szenen, welche die Brutalität detailreich ausschmücken, hier hätte man mit weniger Drastik auch das gleiche Ergebnis erzielen können. Es fehlen heitere, ausgleichende und vor allem positive Charaktere, die der erste Band in Form von Manchee, Wilf oder Hildy bieten konnte. Der Gesamteindruck ist sehr bedrückend und hoffnungslos, was das Lesen manchmal erschwerte. So bleibt nur die Hoffnung auf ein Happy End im dritten Band.

Patrick Ness, New World - Die Flucht. Ravensburger 2009.


Wednesday, February 15, 2017

Stefani Kampmann - Asphalt Tribe

Stefani Kampmanns Asphalt Tribe ist die Adaption des gleichnamigen Romans von Morton Rhue (wiederum allseits bekannt durch seinen Roman Die Welle). Roman und Graphic Novel handeln von den Schicksalen einer Gruppe von New Yorker Straßenkindern.

Kampmann schafft eine bedrückende Atmosphäre in dunklen, schwarz-weißen Bildern, die dargestellte Kälte der Menschen und der winterlichen Stadt lässt den Leser unwillkürlich frösteln. Jeweils nach einer Polizeiakte auf einer Doppelseite, auf der mit einem Steckbrief und einer kurzen Lebensgeschichte einer der Jugendlichen dargestellt wird, folgt ein Abschnitt mit dem Schicksal desjenigen. Die Themen sind Drogen, Alkohol, Missbrauch, Prostitution und Einsamkeit. Der lockere freundschaftliche Zusammenhalt kann manchmal unter den krassen Bedingungen auf der Straße nicht aufrecht erhalten werden. Unbeschönigt werden die Todesfälle in der Clique dargestellt, aber auch, dass es Hoffnung geben kann und man einen Neuanfang jenseits des Lebens in der Obdachlosigkeit wagen kann. 

Dem Medium geschuldet, können die Schicksale der einzelnen Mitglieder des Asphalt Tribes nur angerissen werden, wo der ursprüngliche Roman mehr in die Tiefe gehen kann. Die Bilder beeindrucken und wecken durchaus Verständnis für die Thematik des Straßenkinder.

Stefani Kampmann, Asphalt Tribe. Ravensburger, Ravensburg 2011.

Tuesday, February 14, 2017

Moritz Stetter - Bonhoeffer

Die Graphic Novel Luther von Moritz Stetter fand ich damals interessant, auch wenn sie mich nicht völlig begeistern konnte - weder grafisch noch inhaltlich. Biographien, die in Graphic Novels erzählt werde, finde ich generell eine schöne Idee, erhält man doch Einblicke und neue Impulse ohne gleich eine allzu intensive und ausufernde Biografie lesen zu müssen. So fand auch Bonhoeffer des gleichen Künstlers seinen Weg auf meinen Bücherstapel.
Den Bildern vorangestelllt ist eine Seite mit einer Kurzbiografie als Prosatext, so dass man über grundlegende Informationen verfügt und die Geschehnisse auf den Bildern leichter zuordnen kann. Stetter wählt eine klare, schwarz-weiße Bildsprache, die teils an die Gestaltung von Pop Art Bildern Lichtensteins erinnert (cartoonartigen Linienführung, Punktraster etc.). Dazwischen befindet sich einige, offensichtlich an Fotografien angelehnte detailreichere, realistischere Zeichnungen. Die Geschichte wird nicht nur durch die Sprechblasen, sondern auch durch eine Art Voice-Over in Schreibmaschinentypo und durch originale Bonhoeffer-Gedichte transportiert. Bonhoeffers Handeln während der NS-Zeit bis zu seiner Hinrichtung kurz vor Kriegsende wird in einer schlichten, leicht verständlichen Form in Bezug zu seinem vorangegangenen Leben und seinen sozialen Kontakten gesetzt. Einem Kenner von Bonhoeffers Leben erschließen sich eventuell weitere Bezüge und Bedeutungen, die mir verschlossen blieben. Ein interessantes Thema und eine beeindruckende Persönlichkeit, jedoch scheint das Medium oder der Stil der Zeichnungen nicht dazu angetan, eine tiefere emotionale Reaktion hervorzurufen, auch wenn einige Bilder durchaus beeindrucken.

Moritz Stetter, Luther. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2010. 

Sunday, February 12, 2017

Friedrich Dürrenmatt - Der Richter und sein Henker


Friedrich Dürrenmatt veröffentliche seinen Kriminalroman Der Richter und sein Henker 1950/51 in acht Folgen in einer schweizer Wochenzeitung.
Kommissar Bärlach ermittelt im Fall der Ermordung seines besten Mitarbeiter Schmied. Da er selbst krank ist, übergibt er vieles an den Kriminalbeamten Tschanz. In Verdacht steht Gastmann, jedoch soll gegen diesen eigentlich nicht ermittelt werden, weil Gastmann wichtige politische Kontakte hat. Es stellt sich außerdem heraus, dass Bärlach und Gastmann sich nicht nur kennen, sondern dass sie eine jahrzehntelange Fehde verbindet. Bisher konnte Gastmann immer triumphieren und kam mit seinen Verbrechen davon.
Doch diesmal ist Bärlach schlauer und trickst ihn mit Hilfe von Tschanz, den er ihm als "Henker" auf den Hals hetzt, mit einem Verbrechen aus, dass Gastmann gar nicht begangen hat. Bärlach gewinnt scheinbar auf allen Ebenen, denn er entlarvt zugleich auch den echten Mörder von Schmied - dieser richtet sich am Ende selbst.

Das Genre des Kriminalromans hat Dürrenmatt mehrfach beschäftigt - in Die Physiker kommt der Kommissar moralisch und fachlich an seine Grenzen und scheitert kläglich an seiner Aufgabe, das Verbrechen aufzuklären. Hier spielt sich Bärlach - wie im Titel verankert wird - als Richter auf , eine echte Ermittlung findet nicht statt, da Bärlach von Beginn an weiß, wer der Mörder ist. Zwar konnte er seinen Gegenspieler Gastmann nie auf legalem Wege überführen, aber schafft er es in dem Moment, als er zu unrechten Methoden greift. Ein solcher Handlungsaufbau widerspricht dem klassischen Krimigenre und stiehlt dem Krimileser auch das übliche Vergnügen der Spannung, des Mitratens und der moralischen Befriedrigung, dass Unrecht gerecht bestraft wird. 
Literarisch betrachtet und in Bezug auf das Genre Kriminalroman ist Der Richter und sein Henker sicherlich interessant, Spannung kommt dagegen weniger auf, zum Glück ist der Roman auch nicht sehr lang.

Friedrich Dürrenmatt, Der Richter und sein Henker. Süddeutsche Zeitung Bibliothek, München 2004.

Saturday, February 11, 2017

Sunday, February 05, 2017

Ian McEwan - Der Zementgarten

Das Wort, das man in vielen englischsprachigen Rezension von Der Zementgarten von am häufigsten liest, ist "disturbing". Und verstörend ist dieses Buch in jedem Fall.
Der Plot ist schnell zusammengefasst: Innerhalb weniger Wochen sterben Vater (Herzinfarkt) und Mutter (schwere Krankheit/Krebs) der vier Geschwister. Nach dem Tod der Mutter beschließen die beiden Älteren, sie im Keller in Zement zu begraben, um zu vermeiden, dass die Geschwister getrennt werden. Darauf folgt ein langer, heißer Sommer, in dem alle vier unter den psychologischen Folgen auf unterschiedliche Arten leiden. Das Haus verkommt, die vier sind vollkommen von der Außenwelt, aber auch seltsam voneinander isoliert. Der Haushalt verkommt, Jack, der Ich-Erzähler, stellt jegliche Körperhygiene ein und masturbiert nur noch, Sue verschwindet in ihren Büchern und der kleine Tom will erst ein Mädchen und dann ein Baby sein. Julie versucht kurzfristig, die Mutter zu ersetzen und kapituliert. Derweil bricht der Zement unter dem Druck der Verwesung auf und die Realität bahnt sich durch den Geruch ihren Weg. Julies Freund Derek, der einzige Fremde, der das Haus betritt, zählt schließlich eins und eins zusammen, unternimmt jedoch erst nichts. Erst als er Zeuge der inzestuösen Beziehung von Julie und Jack wird, schlägt er Alarm.
Der Autor schockiert mit seiner beiläufigen, aber detailreichen Schilderung von abstoßenden Szenen, sei es die sexuelle Weise, wie die Geschwister miteinander umgehen oder die Einzelheiten der fehlenden Hygiene von Jack. Insgesamt will die sachliche Sprache nicht zu den höchst emotionalen Geschehnissen passen. Besonders Jackist verstörend emotionslos, was den Tod der Eltern angeht, die Andeutungen über die schwierige Beziehung zum Vater sind die einzigen Hinweise auf mögliche Ursachen der seltsamen Familienbeziehungen. Man kann sagen, man ist ein bisschen erleichtert, nicht noch mehr dieser gruseligen Szenen miterleben zu müssen, die dichte Atmosphäre des Romans drückt auf die Stimmung und zeigt damit aber auch McEwans Stärken als Autor.

Ian McEwan, Der Zementgarten. SZ-Edition Band 31, München 2004.


Thursday, February 02, 2017

Daphne du Maurier - Rebecca

Rebecca kannte ich bislang nur in der bekannten Hitchcock-Verfilmung von 1940. Der zugrunde liegende Roman ist von Daphne du Maurier (Erstveröffentlichung 1938) und steht auf der Radcliffe's Rival 100 Best Novels Liste. Das Audiobook des Argon-Verlags mit Eva Mattes als Sprecherin erschien 2007.

Die junge, namenlose Ich-Erzählerin lernt in Monte Carlo Maxim de Winter kennen. Er ist verwitwet und trotz seiner anfänglichen Distanziertheit macht er ihr nach kurzer Zeit einen Heiratsantrag. Sie nimmt an, wohlwissend, dass sie wesentlich jünger ist und auch gesellschaftlich eine geringere Stellung hat als er. Nach den Flitterwochen kehren sie auf de Winters Landsitz Manderley zurück, wo sie große Schwierigkeiten hat, sich in ihrem neuen Leben zurechtzufinden. Sie kennt die Abläufe in einem solchen Haus und in dieser Gesellschaftsschicht nicht, die Haushälterin Mrs Danvers verhält sich ihr gegenüber nahezu unverschämt und sie hat ständig das Gefühl mit Rebecca, der ersten Frau ihres Mannes, verglichen zu werden.
Sie erfährt, dass Rebecca bei einem Segelunfall ertrunken sei. Sie versucht in ihre Rolle hineinzuwachsen, doch bei einem von ihr geplanten Kostümball eskaliert die Situation, weil sie (beeinflusst durch Mrs Danvers) das gleiche Kleid trägt wie Rebecca zuvor - ihr Mann ist geschockt und sie glaubt, ihre Ehe sei endgültig gescheitert. Zudem bedrängt Mrs Danvers sie erneut und schildert ihr Leben als zweite Ehefrau als wertlos.
Ein Schiff in Seenot in der Bucht vor Manderley bringt die Wende im Roman - Taucher finden das Schiffswrack von Rebeccas Boot in der Bucht mit einer Leiche an Bord.
Der zweite Teil des Roman beschäftigt sich mit den Ermittlungen zum Tod von Rebecca. Nachdem ein Unfall ausgeschlossen ist, wird mehrfach untersucht, ob Rebecca sich selbst getötet hat - und Maxim de Winter steht natürlich unter Verdacht. In dem Moment als sich diese Probleme gelöst und auch die Beziehung der Eheleute sich ins Positive kehrt, steht Mandeley und damit auch ihre Zukunft in Flammen.

Das Faszinierende an dem Plot von Rebecca ist die Teilung des Romans: Es gibt zwei voneinander getrennte Spannungskurven, beide mit einer eigenen Atmosphäre. Im ersten Teil ist die Ich-Erzählerin ein verschüchtertes Wesen, überfordert mit der neuen Situation, die sich in einer sehr bedrohlichen Atmosphäre eines dramatisch beschriebenen Herrenhauses und steten Referenzen auf ihre Vorgängerin wiederfindet. Dabei bleibt unklar, wie Rebecca wirklich war, denn es ist überdeutlich, dass niemand, der der Ich-Erzählerin berichtet, ein realistisches Bild zeichnet, sie wird immer mehr zu einer Bedrohung und ist eine unerreichbare Konkurrenz in ihrer andauernden, übermächtigen Präsenz - sowohl in den Köpfen der Menschen als auch in dem Gemäuer Manderleys. Die Beziehung zu ihrem Mann ist dabei ohne tieferen Wert, er ist abwesend oder emotional und aufbrausend und ihr keinerlei Hilfe. Man möchte ihr nahezu zustimmen, wenn sie reflektiert, dass diese Ehe gescheitert ist.
Doch dann kommt der Umbruch, eigentlich ein Horrorszenario: Durch das Auffinden von Rebeccas Leiche auf dem Boot wird klar, dass die Umstände ihres Todes ganz anders waren, als ihre Mitmenschen ihr bislang geschildet haben - und ihr Mann gesteht ihr seinen Hass und den Mord an Rebecca! Der Effekt, den diese Enthüllung auf sie hat, ist überraschend und unerwartet und vielleicht auch ein unglaubwürdiger Moment in dem Roman. Statt zu flüchten, fängt sie nun endlich an, ihre eigene Rolle als Hausherrin und Ehefrau zu definieren und eine Beziehung zu ihrem Mann aufzubauen. Jetzt liegt der Fokus der Erzählung auf der Vertuschung des Mordes, trotz der neuen Beweise muss alles auf Selbstmord hinweisen. Rebecca scheint dem aus dem Grab heraus entgegen zu arbeiten, dennoch zieht Maxim de Winter schließlich den Kopf aus der Schlinge. Doch das Happy End bleibt dem Paar verwehrt, Manderley brennt ab - wenngleich unklar ist, ob Manderley nicht für immer ein letzter Ort von Rebeccas Präsenz geblieben wäre, und seine Zerstörung nicht unabdingbar war.

Rebecca ist vielleicht literarisch gesehen kein großer Roman, Hitchcock hingegen hat ihn nicht ohne Grund als Filmstoff ausgewählt. Er hat eine große atmosphärische Dichte, düstere Charaktere, die zwar nicht liebenswert, aber facettenreich sind. Einzig die Persönlichkeit der Ich-Erzählerin durchlebt eine unrealistische Entwicklung, die sich eher dem Plot unterordnet als dass sie in sich plausibel ist. Das mächtige Manderley hingegen hat fast die Bedeutung eines weiteren Charakters in dem Roman, eine Verkörperung von Rebecca und was sie Großes schaffen konnte, obwohl sich darunter eine selbstsüchtiges, rücksichtsloses Wesen verbarg.
Bei einer feministischeren Sicht auf das Buch ist augenscheinlich, dass beide Frauen äußerst einseitig und in klaren Gegensätzen von gut und böse, (dem Mann) angepasst und widerspenstig-egoistisch (selbstbewusst!) gezeichnet werden - was vielleicht bei dem Erscheinungsjahr 1938 nicht anders zu erwarten ist, aber dennoch bedauerlicherweise bedeutet, dass du Maurier als weibliche Schriftstellerin hier keine Lanze für die Frauen brach, sondern in konservativen Denkmustern verharrte.

Daphne du Maurier, Rebecca. Argonverlag 2007.