Doch wie zuvor seine Phantasien, seine Dienstwaffe zum Angriff auf die bedrohlich scheinenden Mitmenschen zu gebrauchen, setzt er auch diesen Vorsatz nicht um:
"Er war nicht der Mensch dazu. Er war kein Amokläufer, der aus seelischer Not, aus Geistesverwirrung oder aus spontanem Haß ein Verbrechen beginge; und zwar nicht, weil ihm ein solches Verbrechen als moralisch verwerflich erschienen wäre, sondern einfach deshalb, weil er überhaupt unfähig war, sich tätlich oder wörtlich zu äußern. Er war kein Täter. Er war ein Dulder."Derart ist die intensive Charakterstudie, die Patrick Süskind (*1949) an diesem bemitleidenswerten, vereinsamten, aber zugleich auch unglaublich langweiligen Menschen betreibt, dass man den kurzen Band nahezu verblüfft beiseite legt und staunt. Zur angenehmen und unterhaltsamen Lektüre kann Die Taube nicht zählen, wohl aber zur beeindruckenden.
Patrick Süskind, Die Taube. Diogenes, Zürich 2013.
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