Beginnend in den 50er Jahren erleben wir, wie Molly Bolt schon in ihrer Kindheit entdeckt, dass sie anders ist und Mädchen liebt. Ihre Unangepasstheit und ihr starker Wille zur Selbstverwirklichung belasten die Beziehung zu ihrer (Adoptiv-) Mutter sehr, erst spät kann eine Art Versöhnung stattfinden. Mollys sexuelle Erfahrungen mit Mädchen und Jungen werden recht offen geschildert, was in den 70er Jahren durchaus noch für Aufregung gesorgt haben sollte. Anhand von Mollys Lebensstationen wird die Rolle der Frau (hetero, Ehefrau und Mutter, eher nicht berufstätig) beleuchtet und rigoros von ihr abgelehnt - und zwar nicht nur wegen ihrer sexuellen Orientierung, sondern wegen des Lebensentwurfs an sich. Molly will mehr, sie will Selbstbestimmung und Freiheit auf allen Ebenen und sich dafür auch nicht verbiegen müssen. So wählt sie manches Mal nicht den leichten, sondern den schwereren Weg.
Das Label "Frauenliteratur" passt sicher, denn Molly kämpft nicht nur für ihre Rechte als homosexuelle Frau, sondern für ihre Chance als Frau in der männerdomonierten Gesellschaft. Und diese Botschaft hat noch immer Gültigkeit, auch wenn uns die Schilderungen von Mollys Erfahrungen heute deutlich weniger schocken. Dennoch bleibt nach dem Lesen das Gefühl zurück, dass leider noch längst nicht alles erreicht ist, wovon Molly träumt. Wie tolerant ist Gesellschaft heute? Rechtlich mag sich einiges verschoben haben, aber in den Köpfen der Menschen brauchen diese Prozesse unendlich lange. Nicht zuletzt deswegen ist der "Klassiker" - neben seinem historischen Wert - auch immer noch lesenswert.
Rita Mae Brown, Rubinroter Dschungel. Ullstein, Berlin 2018.
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