Auf den 19. Band der Reihe um Tempe Brennan musste die Leserschaft etwas warten, weil Kathy Reichs wegen der Behandlung eines Aneurysmas nicht schreiben konnte. Diese Erfahrung übertrug sie kurzerhand auch auf ihre Protagonistin.
Tempe traut sich und ihrer Wahrnehmung nicht recht, Migräne plagt sie und sie ist verunsichert und verärgert wegen ihrer neuen Vorgesetzten in Charlotte, als sie anonym Fotos von einer Leiche ohne Gesicht zugespielt bekommt. Obwohl ihre Mithilfe nicht offiziell angefordert wird, beginnt sie zusammen - zum Teil mit Skinny Slidell, der jetzt eigentlich für Cold Cases zuständig ist - ihre Ermittlungen. Trotz mehrfachen Fehlentscheidungen und viel Ärger mit Skinny und der Vorgesetzten macht sie weiter und deckt auf vielen Umwegen und unter persönlichem Risiko tatsächlich die Hintergründe des Todesfalls auf.
Im Nachwort des e-books erläutert Reichs ihre Herangehensweise beim Schreiben eines neuen Tempe-Thrillers: Sie sammelt verschiedene interessante Themen und Charaktere und entwickelt aus den Komponenten den Fall. Genau dieses Gefühl drängt sich beim Lesen von Das Gesicht des Bösen auf - es gibt viele zusammengewürfelte Aspekte und Ideen, von denen am Ende viele verworfen werden bzw. unter der Überschrift Verschwörungstherien zusammengefasst werden. Als roter Faden kann höchstens der unbändige Drang Tempes gelten, im Alleingang riskante Ermittlungen anzustellen, für die sie keine Befugnisse hat. Der Plot ist ansonsten etwas holprig, am Ende werden die Fäden aber dennoch ordentlich zusammengeführt und auch Tempe fasst wieder Hoffnung, dass ihr aus den Fugen geratenes Leben dennoch glücklich weitergehen kann. Die Dialoge mit Skinny und Ryan und die inneren Monologe Tempes machen nach wie vor Freude, die Charaktere sind einem im Laufe der Jahre ans Herz gewachsen, so dass man die Plotmängel weitgehend verzeihen kann.
Kathy Reichs, Das Gesicht des Bösen. Blessing, München 2020.
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