Heinrich Manns Der Untertan ist ein Klassiker der Deutschen Literatur und wurde als Satire verfasst. Ich war nicht überrascht, als ich einige englischsprachige Rezensionen auf goodreads las, dass diese Leser:innen große Probleme mit dem Roman hatten. Wenn man keine Vorstellung von der Gesellschaft zur Zeit Wilhelm II. und die geschichtlichen Zusammenhänge hat, so erschließt sich der Humor und der Zynismus wohl kaum. Dann ist Diederich Heßling, der Protagonist, einfach nur ein Ekel, der endlos lange unzusammenhängendes obrigkeitshuldigendes Zeugs redet und alle seine Mitmenschen mit den Füßen tritt, es sei denn, er kann aus ihnen einen konkreten Nutzen ziehen. Vermutlich bleibt er dieses Ekel auch, wenn man über ausreichendes Hintergrundwissen verfügt. In der Übersetzung stelle ich mir das sprachlich auch eher herausfordernd vor... Ich hatte eine gute Vorleserin namens Eva K., die sich dieses Romans angenommen und ihn für librivox.org eingelesen hat.
Der Untertan hat mich beeindruckt durch die Intensität, mit der Heinrich Mann in Diederich den Prototypen des undemokratischen, radikalen, nationalistischen, antisemitischen und einfach unmenschlichen Bürgers erschaffen hat. Erstaunlich ist, dass Mann den Roman kurz vor Beginn des ersten Weltkriegs fertigstellte und man durch die heutige historische Brille schon all den Schrecken beider Weltkriege in Der Untertan spüren kann. Ich kann mir schlecht vorstellen, wie der Roman damals wahrgenommen wurde, Wilhelm der II. war noch präsent, eine Satire auf ihn sicherlich noch schwer verdaulich für viele. Sogar sein Bruder Thomas hatte wohl ein Problem damit. Inhaltlich ist der Roman an vielen Stellen zäh einfach durch die Vielzahl der Gemeinheiten und Fehlgriffe, die sich Diederich im Laufe seines Lebens zu Schulden kommen lässt. Auch gibt es keine anderen Charaktere, mit denen man sich identifizieren kann oder möchte. Ich bin aber zufrieden, ein wenig Zeit mit diesem Klassiker verbracht zu haben.
Heinrich Mann, Der Untertan. Librivox 2022.
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