Mit großem zeitlichen Abstand habe ich bereits
Der Club der singenden Metzger und
Der Klang der Trommel von Louise Erdrich gelesen und war bei beiden recht angetan. Auf der Suche nach einem Buch, das vor 24 Jahren erschien (mal wieder eine Aufgabe der Popsugar Reading Challenge), fand sich
Die Wunder von Little No Horse, was wie eine gute Gelegenheit schien, der Autorin wiederzubegegnen. Leider bin ich dieses Mal weniger begeistert. Dabei fängt die Geschichte vielversprechend an. Durch verschiedene Schicksalschläge - einige davon tragisch, andere absurd-schräg-komisch - nimmt Agnes DeWitt im Jahr 1912 die Identität des katholischen Priesters und Missionars Damien Modeste an und wirkt seitdem in einem Reservat der Ojibwe-Indianer in North-Dakota. Auf mehreren Zeitebenen wird berichtet, was Agnes/Damien erlebt und von den Familienschicksalen einiger der Ojibwes erzählt. Bemerkenswert ist die Verknüpfung der mystischen Glaubenswelt der Stammesmitglieder mit dem katholischen Glauben. Agnes glaubt - aber ihr Glaube ist in einer Weise flexibel und erweiterbar, so dass sie die Wunder und Geschichten der Ojibwes nach und nach damit verknüpft. Dennoch macht ihr das große Geheimnis, dass sie eigentlich eine Frau ist, zu schaffen.
In losen Zusammenhängen mäandert die Lebensgeschichte des Priesters und seine Gemeinde durch die Jahrzehnte bis ins Jahr 1996, als Agnes/Damien kurz vor ihrem/seinem Tod steht. Interessant ist die Geschlechterdurchlässigkeit, denn Agnes/Damien *ist* Agnes und Damien, nicht entweder oder. Leider erzeugt dieser biographische Zusammenhang durch fast ein Jahrhundert einen eher losen Verbund verschiedener Anekdoten, einzelner Lebensgeschichten und fabelhafter Visionen. Mir war das alles ein wenig zu willkürlich und zu durcheinander. Einige der erzählten Geschichten waren anrührend, dramatisch, teilweise auch in der Erdrich-typischen Art humorvoll-sarkastisch, das schon. Auch die Verknüpfung der Glaubensgrundsätze war interessant, die eingestreuten historischen Bezüge (betrügerische Landkäufe durch die Weißen) hilfreich. Dennoch hat mich der Roman nach der Anfangsphase wenig gefesselt und es fiel mir schwer, bis zum Ende durchzuhalten. Dennoch finde ich Erdrich als Autorin weiterhin sehr interessant und
Die Wunder von Little No Horse werden nicht das letzte Buch sein, das ich von ihr lesen werde.
Louise Erdrich, Die Wunder von Little No Horse. Aufbau, Berlin 2019.
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