Tuesday, July 09, 2024

Alina Bronsky - Nenn mich einfach Superheld

Marek, der Protagonist von Alina Bronskys Nenn mich einfach Superheld, ist von einem Rottweiler im Gesicht gebissen worden und seitdem entstellt und nicht mehr derselbe. Im Grunde ist er ein Kotzbrocken, der seiner alleinerziehenden Mutter das Leben schwermacht, weil er sich mit seinem neuen Aussehen nicht auseinandersetzen will. Aus Verzweiflung meldet diese ihn bei einer Gruppe für "versehrte" Jugendliche an, ohne dass Marek weiß, auf wen er dort stoßen wird. Und wäre nicht die unfassbar gut aussehende Janne in ihrem Rollstuhl dabei, dann wäre er natürlich auf keinen Fall geblieben. Wider Willen sozusagen begibt er sich mit der Gruppe auf eine Reise - tatsächlich fahren sie gemeinsam aufs Land, aber es ist auch eine Reise zu mehr Ehrlichkeit mit sich selbst.
Im Grunde ist Nenn mich einfach Superheld eine Coming-of-Age-Story, die erzählerisch einige abstruse Nebenwege einschlägt und manchmal wohl schlichtweg schockieren soll, mit einem im Grunde wenig sympathischen Protagonisten. Seine Erkenntnis, dass er sich nicht allen seinen Mitmenschen gegenüber so gedanken- und rücksichtslos verhalten kann, kommt nur sehr langsam und nur, weil er ungewöhnlichen und sehr geduldigen Charakteren begegnet, die ihn auf die rechte Spur bringen. Leider bleiben diese anderen Charaktere bei der Kürze des Romans von 240 Seiten etwas flach, dabei wäre auch ihr Schicksal einer näheren Betrachtung durchaus würdig, denn Bronsky hat ein Händchen für ungewöhnliche Figuren.

Alina Bronsky, Nenn mich einfach Superheld. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2013.

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