Saturday, February 27, 2016
Philip Kerr - Winterpferde
Wie das Cover bereits verrät, geht es in Philip Kerrs Roman Winterpferde um die besondere Freundschaft zwischen einem Mädchen und zwei Pferden. Es sind allerdings nicht irgendwelche Pferde oder Ponys, sondern die seltenden Przewalksi-Pferde, die es 1941 im ukrainischen Askania-Nowa noch gibt.
Aber die deutschen Nazis haben das Naturreservat besetzt und betrachten die Pferde als minderwertig und wollen alle töten. Genauso bedroht ist das jüdische Mädchen Kalinka, die sich in den Wäldern versteckt hält. Der harte Winter zwingt sie jedoch in die Nähe der wenigen Häuser, wodurch sie den Tierwärter Max kennenlernt. Max ist der erste Mensch nach langer Zeit, der Kalinka hilft und Wärme, Nahrung und Freundschaft bietet. Doch schon bald muss sie fliehen, zusammen mit zweien der verbleibenden Pferde und Max' Wolfshund.
Winterpferde ist eine Abenteuergeschichte, deren Zielgruppe Kinder und Jugendliche sind. Die politisch-historischen Hintergründe werden in einfache Zügen umrissen und erklärt, auch die Geschichte der Przewalksi-Pferde wird in die Erzählung eingebunden. Berührend ist die Freundschaft zwischen dem alten, einsamen Max und Kalinka, die den Verlust ihrer Familie noch nicht betrauern kann, aber dennoch große Empathie für Mensch und Tier aufbringen kann. Auf der Flucht besteht die Gruppe die Gefahren nur durch den Zusammenhalt, wenngleich die übertriebene Intelligenz der Pferde die Geschichte zwischenzeitlich ins Mystisch-Fantastische abgleiten lässt.
Kerr versucht, keine rein schwarz-weißen, stereotypen Figuren zu zeichnen, sowohl unter den Nazis als auch unter den Russen gibt es in Winterpferde gute und schlechte Menschen. Kalinkas Instinkt sagt ihr, wem sie vertrauen kann und wem nicht, dadurch - und durch die Loyalität ihrer tierischen Freunde - kann sie sich schließlich in Sicherheit bringen, auch wenn das Ende für Kinder sicherlich dennoch schwer zu ertragen sein wird.
Philip Kerr, Winterpferde. Sauerländer 2015.
Lighthouses I
A few weeks ago I edited my postcrossing profile and added "lighthouses" to my preferences.
Now the first cards are starting to arrive. Beautiful!
My favourite so far is La Jument - now I want to visit Brittany even more...
Vente Cape lighthouse, Lithuania - built in 1860, 11 m high |
Chersonese lighthouse in Sevastopol, Ukraine - built in 1816 (rebuilt in 1951) |
La Jument lighthouse, island of Ushant, France - built in 1911, 47 metres high |
Wednesday, February 24, 2016
Tuesday, February 23, 2016
Sunday, February 21, 2016
Oscar Wilde - Das Bildnis des Dorian Gray
Gern hätte ich gesagt, was lange währt, wird endlich gut, denn lange schiebe ich diesen Roman vor mir her. Ich habe ihn angefangen, weggelegt, musste wieder von vorn beginnen... Leider ist es ein Lesekampf geblieben mit Oscar Wildes Klassiker aus dem Jahr 1891 und ich muss zugeben, dass ich einige Passagen großzügig quer gelesen habe. Seitenlange Beispiele für die verschiedenen Leidenschaften des Dorian Gray in seinem Wahn auf der Suche nach Schönheit und Ablenkung (11. Kapitel) vermochten mich nicht zu fesseln. Die Handlung mag jeder nachlesen.
Ich kann das Skandalöse und Kritische des Romans vor dem Hintergrund seiner Entstehung nachvollziehen, diesbezüglich ist es vielschichtig und bietet zahlreiche Deutungsmöglichkeiten. Es bietet sicherlich auch eine interessante Darstellung der britischen oder besser der Londoner Gesellschaft zu Wildes Zeiten. Vor allem die Dekadenz der Reichen und Adligen, die der allwissende Erzähler mit einer gewissen Nüchternheit durch die Schilderung von Grays Lebensstil abzeichnet, erzeugt die vermutlich gewollte Abscheu beim Leser.
Im Werk Wildes nimmt Das Bildnis des Dorian Gray eine Sonderstellung ein, da es sein einziger Roman ist. Zu meinen Lieblingsklassikern wird es dennoch auf keinen Fall.
Oscar Wilde, Das Bildnis des Dorian Gray. Süddeutsche Zeitung Bibliothek, München 2004.
Saturday, February 20, 2016
Sara Gruen - Wasser für die Elefanten
Ein alter Mann namens Jacob Jankowski blickt zurück auf sein Leben, genauer auf ein besonderes, lebensbestimmendes Jahr, in dem er nach seinem Studiumsabbruch (Veterinärmedizin) beim Wanderzirkus Benzini anheuerte. Dort verliebt er sich in Marlena, die Pferdedresseurin, die aber mit einem zu Gewalt neigenden Mann verheiratet ist, was zwangsläufig zu Problemen führen muss. Eine weitere wichtige Rolle spielt Rosie, eine scheinbar sture Elefantendame, mit der Jacob eine besondere Beziehung aufbaut.
Wasser für die Elefanten von Sara Gruen ist Liebesroman und eine Coming-of-Age-Story, die ihre Poesie aus dem besonderen Setting der Zirkuswelt bezieht. Der Plot bietet keine großen Überraschungen, alles ist relativ vorhersehbar, aber die unterschiedlichen Charaktere, die gesellschaftlichen Differenzen, die es in dieser Parallelwelt ebenso wie in der "realen Welt" gibt, und die starke Emotionalität, die diese Menschen mit dem Zirkus, den Tieren und der Artistik verbindet, geben dem Roman einen besonderen Charme.
Andreas Fröhlich liest das Audiobook gekonnt, wie erwartet.
Nur am Rande: Man könnte sich fragen, ob Jonas Jonasson sich von Gruens Roman hat inspirieren lassen - der alte Mann, der Elefant...
Sara Gruen, Wasser für die Elefanten. Argon 2011.
Wasser für die Elefanten von Sara Gruen ist Liebesroman und eine Coming-of-Age-Story, die ihre Poesie aus dem besonderen Setting der Zirkuswelt bezieht. Der Plot bietet keine großen Überraschungen, alles ist relativ vorhersehbar, aber die unterschiedlichen Charaktere, die gesellschaftlichen Differenzen, die es in dieser Parallelwelt ebenso wie in der "realen Welt" gibt, und die starke Emotionalität, die diese Menschen mit dem Zirkus, den Tieren und der Artistik verbindet, geben dem Roman einen besonderen Charme.
Andreas Fröhlich liest das Audiobook gekonnt, wie erwartet.
Nur am Rande: Man könnte sich fragen, ob Jonas Jonasson sich von Gruens Roman hat inspirieren lassen - der alte Mann, der Elefant...
Sara Gruen, Wasser für die Elefanten. Argon 2011.
Wednesday, February 17, 2016
Sunday, February 14, 2016
Postcrossing Meeting 2016.1
Card is from the DaWanda postcard calendar, design by buntes Dings, card is traveling to Hong Kong now. Nice meeting of a few postcrossers from Bielefeld area today at Kachelhaus which turned out to be a nice location - thanks to Andrea for organizing! |
Saturday, February 13, 2016
Lukas Jüliger - Vakuum
Die düstere Stimmung in Lukas Jülingers Graphic Novel Vakuum erfasst einen bereits auf den ersten Seiten. Die Welt des Protagonisten ist öde und leer, die Gesichter der Menschen um ihn herum ausdruckslos bis traurig. Je mehr man über ihn erfährt, desto mehr bestätigt sich dieser Eindruck. Seine Freundschaft zu Sho ist verschwunden, als Sho seine Persönlichkeit und seinen Lebenswillen nach einem Drogenkonsum verloren hat. Der namenlose Protagonist weiß nicht, wie er helfen soll. Seine Ratlosigkeit überträgt sich auch auf seine neue Beziehung zu einer Mitschülerin, die ihn eines Tages einfach anspricht. Sie ist für ihn schwer zu verstehen, verschwindet zwischenzeitlich einfach und ist fast ebenso seltsam wie Sho.
Was die Teenager am meisten bedrückt, ist die Perspektivlosigkeit, sie wollen nicht das eintönige Leben ihrer Eltern leben, haben aber auch kein Gegenkonzept - es scheint nur die Flucht zu geben, wobei Drogen und Selbstmord als Fluchtmöglichkeit thematisch auftauchen. Letzteres in Form eines Mitschülers, der sich umbringt, während alle anderen nur eine morbide Neugier an seinem toten Körper entwickeln statt nach seinen Beweggründen zu fragen.
Das Vakuum, in dem sich die Protagonisten befinden, ist allumfassend und so ist es nur eine Frage der Zeit bis zur Katastrophe...
Düster und verstörend, so empfinde ich die Geschichte von Lukas Jülinger, andererseits sind die Bilder ästhetisch und schön und es sind bildliche Metaphern enthalten, die das Buch sehr eindrucksvoll machen.
Lukas Jüliger, Vakuum. Reprodukt, Berlin 2012.
Links zu einem Interview und zur Rezension der Zeit
Was die Teenager am meisten bedrückt, ist die Perspektivlosigkeit, sie wollen nicht das eintönige Leben ihrer Eltern leben, haben aber auch kein Gegenkonzept - es scheint nur die Flucht zu geben, wobei Drogen und Selbstmord als Fluchtmöglichkeit thematisch auftauchen. Letzteres in Form eines Mitschülers, der sich umbringt, während alle anderen nur eine morbide Neugier an seinem toten Körper entwickeln statt nach seinen Beweggründen zu fragen.
Das Vakuum, in dem sich die Protagonisten befinden, ist allumfassend und so ist es nur eine Frage der Zeit bis zur Katastrophe...
Düster und verstörend, so empfinde ich die Geschichte von Lukas Jülinger, andererseits sind die Bilder ästhetisch und schön und es sind bildliche Metaphern enthalten, die das Buch sehr eindrucksvoll machen.
Lukas Jüliger, Vakuum. Reprodukt, Berlin 2012.
Links zu einem Interview und zur Rezension der Zeit
Jennifer L. Armentrout - Onyx
Obsidian, der erste Band der Reihe um die Lux, ließ Fragen offen über die Hintergründe dieser Außerirdischen und einmal mehr war ich unzufrieden mit den Protagonisten und der Authentizität ihres Charakters.
Wurde schon in Obsidian angedeutet, dass Daemon Katy durch die Heilung, die er ihr zukommen ließ, als sie schwer verletzt war, irgendwie verändert hat, so muss sie in Onyx definitv feststellen, dass sie mutiert ist und über ähnliche Fähigkeiten verfügt wie die Lux.
Zeitgleich tauchen - wie sollte es anders sein - neue Feinde auf, dubiose Gestalten einer Art Aufsichtsabteilung des Verteidigungsministeriums (VM), die es besonders auf die mutierten Menschen abgesehen haben. Die sind sicher total nützlich und wertvoll - nur wieso bleibt weiterhin unklar.
Gleichzeitig bekommt Daemon den klassischen Gegenspieler, auf den Katy natürlich trotz der speziellen Verbindung mit Daemon und ihrer sowieso sowas von offensichtlichen Verknalltheit hereinfällt. Wieso, bleibt auch... unklar. Natürlich schreit alles nach Verrat und Lüge und Betrug und endet schrecklich... - nur um die Verbindung zwischen Katy und Daemon zu festigen.
Onyx lässt die Leserin (kein männlicher Leser wird das durchhalten, vermute ich) teilhaben an einer Teeny-Achterbahnfahrt der Gefühle mit stark aufgeladenen, dramatisierten Liebesszenen zweier relativ irrational handelnder Charaktere mit paranormalen Fähigkeiten. Die Story selbst stolpert so hinterher, die Nebencharaktere bleiben weiter unterentwickelt, was mir besonders bei Dee leid tut.
Vielleicht muss ich einfach aufhören, dieses Genre zu lesen, anstatt mich immer wieder zu ärgern, über diese willkürlich zusammengebastelten Liebesromane mit einem Hauch von Fantasy. Do not read.
Jennifer L. Armentrout, Onyx - Schattenschimmer. Silberfisch 2014.
Wurde schon in Obsidian angedeutet, dass Daemon Katy durch die Heilung, die er ihr zukommen ließ, als sie schwer verletzt war, irgendwie verändert hat, so muss sie in Onyx definitv feststellen, dass sie mutiert ist und über ähnliche Fähigkeiten verfügt wie die Lux.
Zeitgleich tauchen - wie sollte es anders sein - neue Feinde auf, dubiose Gestalten einer Art Aufsichtsabteilung des Verteidigungsministeriums (VM), die es besonders auf die mutierten Menschen abgesehen haben. Die sind sicher total nützlich und wertvoll - nur wieso bleibt weiterhin unklar.
Gleichzeitig bekommt Daemon den klassischen Gegenspieler, auf den Katy natürlich trotz der speziellen Verbindung mit Daemon und ihrer sowieso sowas von offensichtlichen Verknalltheit hereinfällt. Wieso, bleibt auch... unklar. Natürlich schreit alles nach Verrat und Lüge und Betrug und endet schrecklich... - nur um die Verbindung zwischen Katy und Daemon zu festigen.
Onyx lässt die Leserin (kein männlicher Leser wird das durchhalten, vermute ich) teilhaben an einer Teeny-Achterbahnfahrt der Gefühle mit stark aufgeladenen, dramatisierten Liebesszenen zweier relativ irrational handelnder Charaktere mit paranormalen Fähigkeiten. Die Story selbst stolpert so hinterher, die Nebencharaktere bleiben weiter unterentwickelt, was mir besonders bei Dee leid tut.
Vielleicht muss ich einfach aufhören, dieses Genre zu lesen, anstatt mich immer wieder zu ärgern, über diese willkürlich zusammengebastelten Liebesromane mit einem Hauch von Fantasy. Do not read.
Jennifer L. Armentrout, Onyx - Schattenschimmer. Silberfisch 2014.
Friday, February 12, 2016
Wednesday, February 10, 2016
James Sturm - Markttag
Mendelmann ist ein jüdischer Teppichknüpfer im frühen 20. Jahrhundert. James Sturm schildert einen schicksalshaften Markttag, an dem Mendelmann seine Teppiche zum Händler bringen will und feststellen muss, dass der Inhaber gewechselt hat und dieser nun seine hochwertigen Teppiche nicht abnehmen will. Seine Versuche, die Teppiche auf dem markt anderweitig zu verkaufen, scheitern, er wird sie erst in einer Art Kaufhaus für wenig Geld los und stürzt in tiefe Verzweiflung. Seine Existenz steht schlagartig auf dem Spiel, den das Teppichknüpfen ist für ihn nicht einfach ein Beruf, sondern auch Lebensinhalt, da er seine Sicht der Welt in seine Kreationen einfließen lässt.
Gleichzeitig weiß er, dass seine Frau in Kürze ihr Baby erwartet und aufgrund der schwierigen Situation beginnt er nun auch an seiner persönlichen Situation zu zweifeln. Ist es recht, ein Kind in die Welt zu setzen, wenn seine wirtschaftliche Lage so schlecht ist? Will er dieses Kind überhaupt?
James Sturms Bilder bestechen durch große Klarheit und wirken besonders durch die eingeschränkte Farbpalette, die aus Erd- und Grautönen zusammengestellt ist, und durch starke Hell-Dunkel-Kontraste. Dabei wechselt die Perspektive von Mendelmanns Beobachtungen (z.B. die Landschaft, durch die er zum Markt geht, oder die Menschen, die er dort auf dem Markt sieht) zu der Totalen, in der Mendelmann nicht selten zum kleinen Detail im gesamten Bild wird. Der Gegensatz vom Geschehen in der Welt und dem persönlichen Erleben des Individuums, das den Entwicklungen in dieser Welt mehr oder weniger hilflos ausgeliefert ist, wird dadurch auch zeichnerisch zum Ausdruck gebracht. Der Idealismus, mit dem Mendelmann seine Teppiche webt, ist in der von Konsum geprägten, sich in Richtung Kapitalismus weiterentwickelnden Welt nicht mehr gefragt, so dass er an sich und seinem Platz in der Welt zu zweifeln beginnt.
Das Ende der Graphic Novel bleibt offen - er kehrt nach Hause zurück, aber ob er wirklich aufgibt und seinen Webstuhl verkaufen wird, oder ob der Anblick seines neugeborenen Kindes andere Veränderungen bringen werden, erzählt James Sturm nicht mehr.
Markttag ist sehr atmosphärisch, traurig und anrührend, Geschichte und visuelle Umsetzung passen wunderbar zueinander.
James Sturm, Markttag. Reprodukt, Berlin 2011.
No bread today - logistics fail
When my last bread machine broke down after many many breads I wanted a new one for sure. I did what one ususally does, read some tests, compared features and prices, read some reviews. Then I tried to buy one in local stores and it wasn't possible to find a store who had the one I wanted. So I finally decided to order it online because I didn't want to wait any longer. It didn't take long to ship it and the packet arrived shortly and as planned. But when I opened it I found this - a big heavy packet of washing powder!
Parcel number and address were correct, but I won't be baking any bread today!
I'm a bit annoyed because I have to send the washing powder back and wait a few more days for the bread machine but I guess this happens if there are thousands and thousands of packets packed every day.
I'm wondering now... is whoever ordered the washing powder now the lucky owner of my bread machine?
12.2.2016: Actually, it arrived just one day later, they really tried to get that right. There is fresh bread in the house now! :)
Parcel number and address were correct, but I won't be baking any bread today!
I'm a bit annoyed because I have to send the washing powder back and wait a few more days for the bread machine but I guess this happens if there are thousands and thousands of packets packed every day.
I'm wondering now... is whoever ordered the washing powder now the lucky owner of my bread machine?
12.2.2016: Actually, it arrived just one day later, they really tried to get that right. There is fresh bread in the house now! :)
Tuesday, February 09, 2016
Olivia Vieweg - Huck Finn
Huckleberry Finn von Mark Twan ist ein durchaus beeindruckendes literarisches Werk, das viele Bedeutungsebenen hat. Vorweg steht sicher der Abenteuerroman - der Junge, der auf einem Floß durch das Land reist.
Olivia Vieweg nimmt Mark Twains Geschichte und erzählt sie als die einen weißen Jungen in Ostdeutschland (Halle an der Saale).
Die Parallelen stimmen in groben Zügen, Huck ist Halbwaise und zwischenzeitlich bei einer Witwe untergekommen, die sich für ihn einsetzt. Im Original besteht der Konflikt dieser Konstellation darin, dass die Witwe weiß und religiös, Huck dagegen schwarz und frei von echter Erziehung ist und sein Leben lang für sich selbst sorgen musste. In der Adaption scheint hier keine echte Not zu bestehen, der weiße Huck scheint einfach nur ein fauler Sack zu sein (siehe Beispielseite unten), der nicht zu Schule und nur abhängen will. Das lässt den Charakter in einem völlig anderen Licht erscheinen.
Diese Diskrepanz zwischen Original und Adaption setzt sich auch in weiteren Elementen fort, bestimmte Gewissenskonflikte Huck Finns, die Mark Twains Roman Tiefe und Ambivalenz geben, funktionieren in dem neuen Setting deutlich schlechter. Seine Mitreisende ist eine junge asiatische Prostituierte (statt des Sklaven Jim), die ihn zwar kurzfristig in Gewissenskonflikte bringt, aber die Bedeutung dessen wird in der Graphic Novel schwerlich klar, im Roman hingegen ist dies eine Schlüsselszene für Huck und seine Lebensphilosophie. Die Fehde zweier am Fluss lebender Familien wirkt für Sachsen-Anhalt ebenfalls etwas herbeifabuliert.
So gelingt es Olivia Vieweg trotz recht atmosphärischer Bilder meines Erachtens nicht, die Tiefe der Geschichte erfolgreich in das neue Medium zu übertragen, ihr Huck Finn bleibt oberflächlich und rein unterhaltend.
Olivia Vieweg, Huck Finn. Suhrkamp, Berlin 2013.
Olivia Vieweg nimmt Mark Twains Geschichte und erzählt sie als die einen weißen Jungen in Ostdeutschland (Halle an der Saale).
Die Parallelen stimmen in groben Zügen, Huck ist Halbwaise und zwischenzeitlich bei einer Witwe untergekommen, die sich für ihn einsetzt. Im Original besteht der Konflikt dieser Konstellation darin, dass die Witwe weiß und religiös, Huck dagegen schwarz und frei von echter Erziehung ist und sein Leben lang für sich selbst sorgen musste. In der Adaption scheint hier keine echte Not zu bestehen, der weiße Huck scheint einfach nur ein fauler Sack zu sein (siehe Beispielseite unten), der nicht zu Schule und nur abhängen will. Das lässt den Charakter in einem völlig anderen Licht erscheinen.
Diese Diskrepanz zwischen Original und Adaption setzt sich auch in weiteren Elementen fort, bestimmte Gewissenskonflikte Huck Finns, die Mark Twains Roman Tiefe und Ambivalenz geben, funktionieren in dem neuen Setting deutlich schlechter. Seine Mitreisende ist eine junge asiatische Prostituierte (statt des Sklaven Jim), die ihn zwar kurzfristig in Gewissenskonflikte bringt, aber die Bedeutung dessen wird in der Graphic Novel schwerlich klar, im Roman hingegen ist dies eine Schlüsselszene für Huck und seine Lebensphilosophie. Die Fehde zweier am Fluss lebender Familien wirkt für Sachsen-Anhalt ebenfalls etwas herbeifabuliert.
So gelingt es Olivia Vieweg trotz recht atmosphärischer Bilder meines Erachtens nicht, die Tiefe der Geschichte erfolgreich in das neue Medium zu übertragen, ihr Huck Finn bleibt oberflächlich und rein unterhaltend.
Olivia Vieweg, Huck Finn. Suhrkamp, Berlin 2013.
Jan Costin Wagner - Das Schweigen
Nach Eismond ist Das Schweigen der zweite Fall für Kimmo Joentaa, den finnischen Kommissar des deutschen Schriftstelllers Jan Costin Wagner.
Ein Mädchen namens Sinikka verschwindet an exakt derselben Stelle, an der vor 33 Jahren bereits ein anderes Mädchen verschwand, das später ermordet aufgefunden wurde. Es war damals der erste Fall von Kimmos Kollegen Ketola, der gerade pensioniert wurde, jetzt jedoch darauf brennt den damals ungelösten Fall doch noch aufklären zu können. Parallel zu den eher schleppend verlaufenden Ermittlungen erleben wir mit, wie der neue Vermisstenfall einen der damaligen Täter zutiefst aufwühlt. Er gerät zunehmend unter Druck - allerdings nicht von außen durch die Ermittlungen, sondern aus seinem eigenen Inneren heraus, die Schuld der Tat lastet schwer auf ihm.
Wie in Eismond steht auch in Das Schweigen die psychologische Betrachtung der Protagonisten - Täter und Kimmo Joentaa - im Vordergrund. Besonders bei ersterem wird dies auch sprachlich intensiv umgesetzt, sein Denken wird zunehmend verworrener, es verbinden sich Gegenwart und Vergangenheit und beides ist zusammen kaum zu ertragen. Mitleid entwickelt man dennoch nicht mit dem Täter, aber einen Triumph feiert auch die Gerechtigkeit nicht. Das Ende hat eine Überraschung parat, die zwar durchaus plausibel und realistisch, aber auch ein bisschen unbefriedigend ist.
Jan Costin Wagner, Das Schweigen. Eichborn, Frankfurt am Main 2007.
Ein Mädchen namens Sinikka verschwindet an exakt derselben Stelle, an der vor 33 Jahren bereits ein anderes Mädchen verschwand, das später ermordet aufgefunden wurde. Es war damals der erste Fall von Kimmos Kollegen Ketola, der gerade pensioniert wurde, jetzt jedoch darauf brennt den damals ungelösten Fall doch noch aufklären zu können. Parallel zu den eher schleppend verlaufenden Ermittlungen erleben wir mit, wie der neue Vermisstenfall einen der damaligen Täter zutiefst aufwühlt. Er gerät zunehmend unter Druck - allerdings nicht von außen durch die Ermittlungen, sondern aus seinem eigenen Inneren heraus, die Schuld der Tat lastet schwer auf ihm.
Wie in Eismond steht auch in Das Schweigen die psychologische Betrachtung der Protagonisten - Täter und Kimmo Joentaa - im Vordergrund. Besonders bei ersterem wird dies auch sprachlich intensiv umgesetzt, sein Denken wird zunehmend verworrener, es verbinden sich Gegenwart und Vergangenheit und beides ist zusammen kaum zu ertragen. Mitleid entwickelt man dennoch nicht mit dem Täter, aber einen Triumph feiert auch die Gerechtigkeit nicht. Das Ende hat eine Überraschung parat, die zwar durchaus plausibel und realistisch, aber auch ein bisschen unbefriedigend ist.
Jan Costin Wagner, Das Schweigen. Eichborn, Frankfurt am Main 2007.
Friday, February 05, 2016
Favourites - pencil
Palomino Blackwing |
Brevi Manu in Bielefeld is one of two places in Germany to buy this really great pencil.
Thursday, February 04, 2016
artsy.net
I was recently contacted by Joel from artsy.net. He was promoting their Claude Monet page, maybe my post Encounter with Monet triggered this. I looked at their site and it is really quite impressive.
This is what they say about themselves:
"Monet's bio, over 75 of his works, exclusive articles, as well as up-to-date Monet exhibition listings. The page even includes related artist and category tags, plus suggested contemporary artists, allowing viewers to continue exploring art beyond our Monet page."
This is what they say about themselves:
The Claude Monet page is one example for what they have to offer:Artsy’s mission is to make all the world’s art accessible to anyone with an Internet connection. We are a resource for art collecting and education.
"Monet's bio, over 75 of his works, exclusive articles, as well as up-to-date Monet exhibition listings. The page even includes related artist and category tags, plus suggested contemporary artists, allowing viewers to continue exploring art beyond our Monet page."
The site features a lot of artists, from Rembrandt to contemporary artists. You can find painters, sculptors, photographers and designers. It's indeed a great resource and certainly fun to browse through all this wonderful art and discover new artists.
Tuesday, February 02, 2016
Solomonica de Winter - Die Geschichte von Blue
Hochgelobt ist es, das Erstlingswerk der inzwischen 18jährigen Salomonica de Winter (Tochter des Schriftstellerehepaars Leon de Winter und Jessica Durlacher). Sie stammt aus den Niederlanden, wohnt dort auch wieder nach einigen Jahren Aufenthalt in den Los Angeles mit ihren Eltern.
Der Originaltitel Over the Rainbow stellt den direkten Bezug zum Inhalt her - es ist einer der Songs aus dem Film The Wizard of Oz. Die Geschichte ist für Blue von unglaublicher Wichtigkeit, sie träumt sich in die Welt von Oz, identifiziert sich mit der Hauptperson Dorothy und gleichzeitig ist das Buch, das sie überallhin mit sich trägt, eine Erinnerung an ihren toten Vater. Blue ist durch den Verlust des Vaters und der Überforderung der Mutter gefangen in einem Zustand der Verzweiflung und Verwirrung. Sie hat aufgehört zu sprechen, sie hat keine Freunde, nur das Buch, an dem sie sich festklammert. Und eine unbändige Wut auf denjenigen, den sie dafür verantwortlich macht, dass ihr Vater tot ist. Sie ist so wütend, dass sie ihn ermorden will - bis sie plötzlich jemanden trifft, der das gleiche Buch liebt wie sie. Charlie durchbricht Blues Panzer des Schweigens und der scheinbaren Teilnahmslosigkeit, doch für Die Geschichte von Blue gibt es dennoch kein Happy End. Gewalt und Verzweiflung gewinnen die Oberhand - doch am Ende hat die Autorin noch eine Wendung parat, die die Geschichte in einem anderen Licht erscheinen.
Der Roman ist sprachlich sehr eigen, manchmal wirken die Sätze starr und hölzern, dann bewusst poetisch mit interessanten Bildern, aber insgesamt ist es ein steter Fluss eines inneren Monologs, der die Verwirrtheit, Düsternis und Begrenztheit der Protagonistin sehr gut darstellt. Sie kann aus ihrem inneren Gefängnis nicht ausbrechen, weder sprachlich noch in der realen Welt. So wirkt der Roman bedrückend und gibt wenig Raum zur Hoffnung, alles wiederholt sich, alles bleibt gleichsam schlecht und sinnlos.
Die Wendung am Ende, die einen Perspektivwechsel des Lesers erzwingt, hinaus aus der Innenwelt, hin zur Draufsicht auf eine psychisch Kranke, erschien mir etwas zu plötzlich, zu forciert, und bildete einen (zu) starken Gegensatz zur eigensinnigen Poesie des ersten Teils. Wirkliche Erklärungen gibt es nicht, sind aber vielleicht auch nicht nötig oder schlicht nicht möglich. Die Geschichte von Blue ist interessant, sie ist anders und ein beeindruckendes Erstlingswerk, keine Frage.
Solomonica de Winter, Die Geschichte von Blue. Diogenes, Zürich 2014.
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