Ja.
Und nun?
Selten, dass ich gar keine Idee habe, wo und wie ich anfangen soll, über ein Buch zu schreiben.
Was ich sicher weiß:
A.M. Holmes ist eine zweifellos erfolgreiche und anerkannte Autorin, deren Bücher zahlreiche Preise gewonnen, sie unterrichtet kreatives Schreiben in Princeton.
Ihr Roman
Auf dass uns vergeben werde (im Original 2012 erschienen) hat 2013 den Women's Prize for Fiction erhalten. Die deutsche Hardcover-Fassung umfasst 672 Seiten, die offensichtlich gekürzte Audiobook-Fassung von GoyaLit bringt dies auf sechs CDs unter, gut gelesen von Jürgen Uter.
Beruhigend ist, dass es anderen Rezensenten offensichtlich ähnlich geht, viel Ratlosigkeit angesichts dieser Achterbahnfahrt von einem Roman. Fasst man den Inhalt zusammen, so gibt dies doch nicht wieder, worum es geht.
George und Harry Silver sind Brüder, ersterer ein zu Gewalt neigender Egomane, der zum Mörder wird, letzterer ein farbloser Geschichtsprof, der sich noch nicht einmal für seinen Forschungsschwerpunkt (Nixon) so richtig begeistern kann und der charakterlich zunächst keine Stärken zu haben scheint. Er lässt sich von Georges Frau verführen und löst damit die Kette der brutalen Ereignisse aus. Harry strandet mit Georges Haus, den Haustieren und Kindern - und mit der Verantwortung für eine Familie, die er sich nicht ausgesucht hat. Unerwartet und scheinbar charakterfremd wächst er in die Rolle hinein und wird zu einem besseren Menschen, von dem alle um ihn herum profitieren.
Vieles an diesem Roman war irritierend. Ich nehme an, das ist Absicht.
Stereotype, wo man hinschaut. Abstruse Plot-Abschnitte, krasse Wechsel, leicht (und tatsächlich) verrückte Charaktere. Handlungsstränge, die scheinbar ins Nirgendwo führen, aber natürlich irgendwie scheinbar Harry verändern. Nicht plausible Jugendliche. Bizarre Sexbesessenheit der meisten weiblichen Charaktere, die alle Harry wollen (warum genau?). Manches erinnert an Paul Austers Parallelwelten. Dann wieder so offensichtlich satirische Passagen und trockener Humor, dass mir beim Hören ein lautes Lachen entfuhr. Aber dann dieses unsäglich amerikanische Mega-Happy-End - im Ernst?
Der Roman hat Spaß gemacht, war aber dennoch anstrengend und wartet mit keiner ernstzunehmenden Botschaft auf, es sei denn: Wirf den Ballast deines alten, miesen, langweiligen Lebens ab (am besten mit Hilfe eines afrikanischer Zaubertranks) und werde zum Übermenschen, der alle retten kann durch bloße Anwesenheit oder das Schmieren von Pausenbroten.
Selten, dass ich gar keine Idee habe, wo und wie ich aufhören soll, über ein Buch zu schreiben.
Und nun?
Ja.
A.M. Holmes, Auf dass uns vergeben werde. GoyaLit 2014.
Website der Autorin